Stadthagen (sk).
Moralische Grundsatzfragen um Leben und Tod betreffen zunehmend das persönliche Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient im Klinikalltag. Am Kreiskrankenhaus Stadthagen ist darum eine Ethik-Kommission eingerichtet worden.
Für grundsätzliche Handlungsweisen und Ziele in der Medizin, etwa im Bezug auf Menschenversuche oder Sterbehilfe haben sich Ärzte in Deutschland - nach dem "Dritten Reich" resultierte aus der Urteilsverkündung im Nürnberger Ärzteprozess der Nürnberger Kodex - und der ganzen Welt Leitlinien gegeben. Sterbehilfe und Patientenverfügung sind heute Begriffe, mit denen Ärzte vermehrt nicht nur in Fachjournalen, sondern im laufenden Klinikalltag konfrontiert werden. "Das ist für mich ganz elementar. Jeden Tag beschäftigt mich das. Es ist unser tägliches Brot", so Professor Christian Hegelmaier, Chefarzt im Stadthäger Kreiskrankenhaus. Es gebe zu diesen Themen mehr Einzelfalldiskussionen, als die Bevölkerung vermute.
Hierbei soll eine Ethik-Kommission Entscheidungshilfe geben. Dabei gehe es, erklärte Pflegedienstleiterin Christine Deppmeyer, "um Dinge, die rechtlich nicht klar gesagt sind", aber direkt das tiefe Vertrauensverhältnis Patient-Arzt beträfen. So habe zum Beispiel der Niedersächsische Landtag die Sterbehilfe noch nicht grundsätzlich abgelehnt, zeigte Hegelmaier auf. Dass es Tötung auf Verlangen am Stadthäger Krankenhaus nicht geben dürfe, sieht der Chefarzt als einen Grundsatz, den die eingerichtete Kommission darstellen müsse (siehe Kasten "Zum Thema").
Konstituiert hat sich die zehnköpfige Ethik-Kommission im Januar. Vier Chefärzte, drei Krankenschwestern, der Sozialarbeiter im Krankenhauses, der Pastor und die Pflegedienstleiterin sind Mitglied im Gremium, das jetzt seine Statuten und die formale Arbeitsweise festlegt. Konkret ist angedacht, moralisch-ethische Prinzipien des Krankenhauses herauszuarbeiten und im Haus auszuhängen. Beschäftigen will sich die Kommission unter anderem mit dem Umgang mit Demenzkranken und Patientenverfügungen. Die Arbeit der Kommission lief bereits vor deren formalen Gründung. So habe sich ein Vierergremium zusammengesetzt, berichtete Hegelmaier, um über den Fall einer werdenden Mutter zu entscheiden, die einen Schwangerschaftsabbruch in der 24. Woche gewünscht habe. Der Frau sei von anderertherapeutischer Seite Suizidgefährdung attestiert worden. Dennoch: Nach langer Beratung habe man den Abbruch abgelehnt, so Hegelmaier.
Die Ethik-Kommission verhindere, dass ein einzelner Arzt mit solchen schwerwiegenden und eben rechtlich nicht eindeutig zu untermauernden Entscheidungen allein dastehe. Die Entschlüsse der Kommission seien bindend für die Mitarbeiter im Krankenhaus, hätten den "Charakter einer Dienstanweisung", so Hegelmaier. Befragt werden kann die Kommission von allen Krankenhausmitarbeitern sowie von Patienten und deren Angehörigen.
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