Rinteln (ur).
Es steht auf der ersten Seite unserer Zeitung: Aus der Nachbarstadt Hameln wurde ein 68-Jähriger als erstes Kälteopfer gemeldet, am Morgen im Freien leblos aufgefunden durch einen Zeitungszusteller. Tod durch Erfrieren - was aus Russland und Polen dieser Tage fast täglich und in bestürzenden Fallzahlen zu erfahren ist, scheint damit auch bei uns möglich.
Grund genug, bei der Stadt Rinteln nachzufragen, ob und wie man sich hier auf die angekündigte Kältewelle eingestellt hat und welche Möglichkeiten für Obdachlose oder auch bedürftige Wohnungsinhaber bereit stehen.
"Die Zuständigkeit für bedürftige Rintelner mit festem Wohnsitz liegt erst einmal beim Job-Center, dass ja die wesentlichen Aufgaben des Sozialamts übernommen hat. Wer also kein Geld zum Heizen mehr hat oder wer von einer Sperrung des Gas- und Stromanschlusses durch die Stadtwerke betroffen ist, müsstealso erst einmal seine Ansprüche dort geltend machen", lautet dazu die Antwort von Stadtrat Jörg Schröder.
Das Sozialamt der Stadt Rinteln sei allenfalls noch zuständig für die 65-jährigen und Älteren sowie für Behinderte und anderweitig als arbeitsunfähig registrierte Mitbürger, die nicht mehr über das Job-Center geführt werden: "Da werden wir dann im Einzelfall um Lösungen bemüht sein."
Natürlich wollten wir vom Job-Center wissen, wie man dort im konkreten Fall reagiere, wenn Betroffene in der Kälteperiode Bedarf für Brennstoffe oder zusätzliche Heizkosten anmelden: Trotz mehrfacher Telefonate konnten wir leider keinen Ansprechpartner erreichen - ein Problem, das damit offensichtlich auch die Menschen in konkreter Notsituation haben würden, falls sie versuchen, kurzfristig Hilfe zur Abwehr gegen einen solchen Kältenotstand zu organisieren.
Ein konkretes Angebot macht die Stadt Rinteln allerdingsüber das Ordnungsamt in der aktuellen Witterungslage - jedenfalls für "Durchreisende" und andere Obdachlosen: "Dafür stehen in der Saarbecker Straße in Strücken befristete Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung", heißt es dazu von Schröder.
Allerdings wird dieÜbernachtung in dieser Notunterkunft streng begrenzt - das heißt: Am nächsten Tag ist erneut ein Antrag beim Ordnungsamt zu stellen, damit sich niemand auf längere Zeit in den Räumen einrichtet.
Wie die Betroffenen dann bei den derzeitigen Außentemperaturen oder auch bei Schneefall und Vereisung der Gehwege vom Rintelner Rathaus nach Strücken kommen und wie sie die rund sechs Kilometer lange Strecke am nächsten Tag für die Verlängerung jeweils hin und zurück bewältigen, ist dann allerdings ihr Problem, sofern sie halbwegs mobil sind: "Bei Gehbehinderten sorgen wir natürlich für eine Transportmöglichkeit!"
Ansonsten können die Obdachlosen sich natürlich auch des öffentlichen Nahverkehrs bedienen, müssen dies dann aber von ihrem Tagessatz von 11,13 Euro abzwacken, aus dem sie an sich Verpflegung und sonstige Ausgaben bestreiten müssen, weitab von Discountmärkten und anderen günstigen Einkaufsmöglichkeiten.
In diesen hochwinterlichen Tagen ohne Heizung oder gar Unterkunft in Rinteln - eine Garantie dafür, dass Fälle wie der in Hameln bei uns nicht passieren könnten, ist in Kenntnis dieser Sachlage jedenfalls nicht auszustellen. Vor allem dann, wenn die Betroffenen gegenüber den "zuständigen Stellen" wenig durchsetzungsfähig sind oder sich gar den Luxus verschämter Armut leisten.
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