"Ozon-Warnungen gibt es nur, wenn 180 Mikrogramm pro Kubikmeter erreicht werden", sagt Reinhard Beyer, Meteorologe bei der Zentralen Unterstützungsstelle Luftreinhaltung und Gefahrstoffe im Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim. Allerdings sei in der Gesetzgebung kein Fahrverbot mehr vorgesehen. Die Bevölkerung werde lediglich durch die Medien über hohe Ozonwerte informiert. Inden vergangenen zehn Jahren habe es in Niedersachsen kein Ozon-Fahrverbot gegeben.
In Rinteln steht eine Messstelle des Niedersächsischen Landesamtes für Ökologie. Die dort registrierten Ozonwerte kann Reinhard Beyer stündlich auf seinem Computer abrufen. "Überschritten wurde der Wert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter in den Jahren 2000, 2001 und 2006 mit einem Tag, 1998 mit zwei Tagen und 2003 mit sechs Tagen pro Jahr", so der Meteorologe. Im vergangenen Jahr sei der Schwellenwert nicht erreicht worden; in diesem bislang ebenfalls nicht.
"Die Befugnis zur Verhängung eines Fahrverbots lag 1998 ausschließlich in den Händen des Umweltministeriums", erinnert sich Beyer. "Mit dem Ozongesetz hat die Bundesrepublik Deutschland weltweit die schärfste Regelung verabschiedet, nach der bei Ozon-Spitzenwerten automatisch flächendeckend Fahrverbote für stark emittierende Kraftfahrzeuge verhängt werden", verkündete Angela Merkel am 12. August 1998 - damals noch im Amt der Bundesumweltministerin.
Der zulässige Acht-Stunden-Mittelwert eines Tages zum Schutz der menschlichen Gesundheit liegt ab 2010 bei 120 Mikrogramm pro Kubikmeter - aktueller Messwert der Station Weserbergland in Rinteln gestern um 15 Uhr: 66 Mikrogramm.
Der Wert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter dürfe an höchsten 25 Tagen im Kalenderjahr überschritten werden, gemittelt über drei Jahre, so das Umweltbundesamt. Bis 2020 soll der zulässige Acht-Stunden-Mittelwert eines Tages ganzjährig eingehalten werden. Fahrverbote sind dazu jedoch offenbar kein geeignetes Instrument: "Wenn der Schwellenwert von 180 Mikrogramm erst einmal erreicht ist, hilft auch ein Fahrverbot nicht, einen weiteren Anstieg des Ozons zu verhindern", sagt Reinhard Beyer. Man müsste bereits ein zwei Tage vor einer zu erwartenden Ozon-Episode ein Fahrverbot verhängen, um eine mindernde Wirkung zu erzielen. Dazu bräuchte man zuverlässige Prognosemodelle, die eine zu erwartende Ozon-Episode sicher vorhersagen. "Solche Modelle stehen jedoch nicht zur Verfügung", so der Meteorologe. Deshalb sei man von dem Fahrverbot abgerückt.
Und was kann der Bürger dafür tun, dass Sommersmog erst gar nicht entsteht? "Wer dazu beitragen möchte, dass die Ozonbelastung niedrig bleibt, lässt sein Auto bei sommerlicher Hitze, also bei Temperaturen über 25 Grad Celsius, stehen", schlägt Beyer vor. Auf Autos mit Elektromotoren setzt Rainer Sagawe, Sprecher für Klimaschutz beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Hameln-Pyrmont. Es sei in Zukunft möglich, durch regenerativ erzeugten Strom die gesamte Energie für Autos abzudecken. Damit werde der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO
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) verringert.
Nicht zu verwechseln ist das bodennahe Ozonübrigens mit der Ozonschicht in der Stratosphäre, also oberhalb von zwölf Kilometern Höhe. Diese Schicht wurde in den vergangenen Jahrzehnten durch Fluorkohlenwasserstoffe
(FCKW) abgebaut; allen bekannt ist diese Schwächung als Ozonloch. In der Troposphäre bis 12 Kilometer über der Erde wirkt Ozon als Treibhausgas. Als Reizgas wirkt Ozon in der bodennahen Troposphäre bis in 1,5 Kilometer Höhe.
"Das bodennahe Ozon kann in Deutschland während sommerlicher Schönwetterperioden Konzentrationen erreichen, die die Gesundheit des Menschen gefährden oder zu Vegetationsschäden führen", warnt das Umweltbundesamt auf seiner Internetseite.
Die Behörde rät den Bürgern, bei erhöhten Ozon-Konzentrationen längere körperliche Anstrengungen möglichst nicht in die Mittags- und Nachmittagsstunden zu legen. Für sportliche Betätigungen wie einen Jogginglauf seien die Morgenstunden am besten geeignet. Auch das Lüften der Wohnung sollte auf die frühen Stunden des Tages verlegen, wenn die Ozonwerte noch niedriger liegen.
Von einer Entwarnung in Sachen Ozon kann also offenbar noch lange nicht die Rede sein: Laut Umweltbundesamt werden die mittleren Konzentrationen in Deutschland kaum zurückgehen, im Gegensatz zu abnehmenden Ozon-Spitzenkonzentrationen. Die "Ziele für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Vegetation", urteilt das Bundesamt dann auch ernüchternd, können "in den kommenden Jahren noch nicht erreicht werden".
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