„Ein Lichtblick für die Autobranche“
„Die Abwrackprämie ist im Krisenjahr für die Autobranche ein Lichtblick“, betont Harald Straubel, stellvertretender Obermeister der Innung des Kfz-Technikerhandwerks Niedersachsen-Mitte. „Wir haben jetzt die Krise. Die Umweltprämie hat immerhin dazu geführt, dass im ersten Halbjahr das Privatkundengeschäft um 50 Prozent gestiegen ist.“ In den 800 Betrieben der Innung sei die Stimmung jedoch unterschiedlich. „Insbesondere bei Skoda, Hyundai, Toyota und Fiat läuft das Privatkundengeschäft hervorragend. Allein beim Fiat Panda beträgt die Zuwachsrate in diesem Jahr 400 Prozent“, berichtet Straubel. Es gebe aber auch Verlierer der Abwrackprämie. Straubel nennt unter anderem die Premium-Hersteller wie Mercedes, BMW, Audi – und als größten Verlierer die Schwarzarbeit. Verschrottet würden ja gerade die Fahrzeuge, an denen sonst die illegalen Autoschrauber herumgebastelt hätten. Klar sei ihm aber auch, so Straubel, der in Personalunion zugleich Bezirksobermeister ist, dass das Werkstattgeschäft in den kommenden Monaten zurückgehen werde. „Es wird in Zukunft verstärkt darauf ankommen, den Kunden mit seinen Sorgen und Problemen ernst zu nehmen.“ Viele der Neukunden hätten bisher noch nie ein Autohaus von innen gesehen. Es werde darauf ankommen, diese Kunden mit Ehrlichkeit und individuellen Serviceangeboten zu überzeugen. Das schließe eine moderate Reparaturkostenpolitik mit ein. Die heimischen Händler seien für die nächste Zeit bestens aufgestellt, unterstreicht der Bezirksobermeister. „Das sind alles ganz bodenständige Unternehmen, die sich immer auf ihr Kerngeschäft konzentriert und nicht in windige Projekte investiert haben.“
Die Rabattschlacht, die derzeit in den Autohäusern tobt, betrachtet Straubel mit unverhohlener Skepsis. „Das wird in den nächsten Wochen noch schlimmer werden“, prognostiziert er und ist sich mit dem renommierten Professor für Automobilwirtschaft, Dr. Ferdinand Dudenhöffer, einig. Dudenhöffer hatte in seiner jüngsten Studie die teilweise unglaublichen Rabatte als desaströs bezeichnet. „Das wird noch einige Jahre Folgen für die Automobilwirtschaft haben“, sagt Straubel und bemerkt, dass die Lager der Hersteller voll seien. „Derzeit kommt es offensichtlich einigen Herstellern vor allem darauf an, gute Zahlen zu präsentieren und nicht, Gewinne zu erzielen.“
Unterdessen schlägt der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) Alarm. Laut BDK-Vize Wilfried Albishausen hat es bei der Abwrackprämie massenhaft Betrug gegeben. „Etwa fünf bis zehn Prozent der abzuwrackenden Fahrzeuge werden ins Ausland verschoben. Ungefähr 125 Millionen Euro werden somit organisierten Kriminellen in die Hände gespielt.“ Hauptziele dieser Exporte seien Länder in Afrika und in Osteuropa gewesen. Das Bundeswirtschaftsministerium sowie das Bafa räumen zwar ein, dass es Betrugsfälle bei der staatlichen Prämie gibt, halten die genannte Zahl von 50 000 Pkw aber für deutlich zu hoch gegriffen. Das Ministerium spricht von weniger als 100 Fahrzeugen. Der Verband deutscher Autoverwerter, der rund 450 der 1300 Abwrackbetriebe in Deutschland vertritt, hält die Zahl von 50 000 ebenfalls für „zu hoch gegriffen“. „Die, die so was machen, setzen ihren Betrieb aufs Spiel“, erläutert Verbandssprecher Hagen Hamm. „Sie begehen Subventionsbetrug, und der wird in Deutschland hart bestraft“, fügt er hinzu.
Zum Verschrotten: Auf dem Gelände der Firma Zeaiter Autorecycling in Hameln stehen zahlreiche Altwagen, die demnächst zerlegt werden und dann in die Schrottpresse kommen. Foto: Wal
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