Rinteln (wm).
Von Waldesruh schwadronierten einst die Dichter, zurzeit ist die allerdings dahin: Das Kreischen von Motorsägen und Motorengebrumm begleiten einen Waldspaziergang - nicht Vogelgezwitscher und Blätterrauschen. Da rauscht höchstens ein Holztransporter nach dem anderen auf dem Waldweg vorbei.
Dass auch der Wald den Gesetzen der Wirtschaft unterliegt, leugnet Christian Weigel, als Chef des Niedersächsischen Forstamtes Oldendorf zuständig für 15 Revierförstereien und damit auch für die Staatsforsten um Rinteln, nicht: Termindruck sei kein Fremdwort. Holz aus dem Taubenberg gehe bis nach China.
So ganz falsch sei der von vielen Wanderern geschilderte Eindruck nicht, bestätigt auch Dirk Meyer, beim Forstamt zuständig für die Finanzen. Zwei Faktoren seien vor Ostern da zusammengekommen: Wegen der Schneelage und des starken Frosts habe man lange kein Holz aus dem Wald holen können: "Die Kunden brauchen jetzt dringend Nachschub". Der zweite Faktor: Die steigenden Ölpreise treiben die Bürger in den Wald, der Ofen ist als Wärmequelle wieder entdeckt. Es gebe einen wahren Ansturm auf Brennholz mit der Folge, dass in den Wäldern viele private Holzabnehmer mit ihren Motorsägen hantierten - eben auch am Wochenende, wenn andere wandern wollen. So entstehe der Eindruck "im Wald ist der Teufel los".
Falsch sei, daraus gleich den Schluss ziehen zu wollen, von der Forst werde mehr Holz eingeschlagen als in den letzten Jahren. Meyer: "Wir verfolgen eine zehnjährige Betriebsplanung mit jährlich festgelegten Hiebsätzen, von denen wir auch nicht abweichen." Maßstab sei hier das Nachhaltigkeitsprinzip: "Wir schlagen nicht mehr, als nachwachsen kann."
Frederik Eix aus Steinbergen hält dagegen, es sei beim besten Willen nicht zu übersehen, dass "der Nutzungsaspekt für die Holzwirtschaft heute im Vordergrund steht". Das sei auch keineswegs auf den Staatswald beschränkt, ein Beispiel sei das Waldstück der Fürstlichen Hofkammer in Steinbergen: "Die Verkaufsangebote hängenda schon an den Bäumen."
Dass man im Wald zurzeit glaubt, statt durch die Natur in einer Holzfabrik herumzuwandern, dieser Eindruck wird durch die zerfahrenen Wege verstärkt. Anneliese Joppke von der Heimatbund-Wandergruppe und Hans-Werner Meyer von den VTR-Wanderern können sich nicht erinnern, in früheren Jahren solch gravierende Wegeschäden gesehen zu haben.
Dirk Meyer relativiert auch diesen Eindruck: Es würden zwar mehr Holzerntemaschinen als früher eingesetzt. Aber ein Harvester arbeite "pfleglicher", als das bei der herkömmlichen Methode möglich gewesen sei, wo manuell gefällte Bäume mit Rückeschleppern aus dem Wald gezogen worden seien. Eine Holzerntemaschine bleibe auf einer Rückegasse,ziehe die gefällten Bäume heran, entaste sie und fahre auf dem "Astteppich" dann wieder zurück.
Dasändere nichts daran, dass bei den großräumigen Fällaktionen die Waldbodenflora mit Pilzen, Märzenbecher, Lerchensporn und Seidelbast zerstört werde, sagt Dr. Peter Hornig, der das Problem grundsätzlicher sieht: Die großen Buchen, die Baumriesen, die das heimische Landschaftsbild mit bestimmten, seien verschwunden. Forststraßen würden zwar wieder geräumt, auf kleineren Wegen blieben die Fallrückstände dafür liegen.
Wenn Forstdirektor Christian Weigel von schönen Buchenwäldern im Naturpark Weserbergland spreche, habe man den Eindruck, "der Mann sitzt zu viel im Büro".
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