Rinteln (cok).
Es war wunderschönes Wetter, es war Messe, aber immerhin fanden sich etwa 120 Menschen ein, um im Brückentorsaal auf Michael Kluwes Verkündigungsrock zu lauschen. Mit seiner Herbert-Grönemeyer-Prophetenstimme sang er von seinem Verhältnis zu Gott und legte öffentliche Beichte ab.
Bei freiem Eintritt und offenen Saaltüren kamen und gingen die Zuhörer, viele junge Leute, eine ganze Reihe älterer, Kinder waren auch dabei, und insgesamt stimmte wohl Michael Kluwes Charakterisierung seines Publikums, dass "wir hier ja alle irgendwie Christen sind". Seine Band, bestehend aus Thomas Golla (Schlagzeug), Sina Tietze(Keyboard) und Hermann Kempf (Bass), spielte übersichtlichen Rock, und auch der Sänger selbst, in Hemd und Jeans, stand gelassen mit der Gitarre da und sang.
Wer Michael Kluwe schon länger kennt, weiß vielleicht, wie seine Lieder wirken, wenn sie nicht sofort als Glaubensgesang definiert werden. Viele Songs sind einfach Liebeslieder. Sie singen von einem Gegenüber, dem man sich hingeben und vertrauen kann, einem Leuchtturm, einem warmen Ort im Süden, einem "Du und ich", jemandem, mit dem es nach dem Streit die Versöhnung gibt. Ob diese Lieder wohl ein wenig leidenschaftlicher gewirkt hätten, wenn offen geblieben wäre, ob sie sich auf Gott oder auf einen Menschen beziehen?
Aber offen bleiben konnte das gewiss nicht, die Interpretation wurde immer gleich mitgeliefert. Recht unbefangen und wohl im Vertrauen darauf, auch ohne großen Plan die rechten Worte zu finden, erzählte Michael Kluwe allerlei Beziehungsgeschichten zwischen sich und "dem alten Mann da oben", den er mehrmals am Tag treffe zum persönlichen Gespräch, der ihm sagte: "Geh auf die Bühne!" und der zum Beispiel auch seine Ehe gerettet habe. Je länger derAbend voranschritt, desto weniger sang, desto mehr predigte der Sänger.
Nun hat es natürlich längst Tradition, in lockerem Plaudertonfall von Gott und dem Glauben zu sprechen und dabei persönlichste Dinge preiszugeben. Man spürt, dass Michael Kluwe ein Missionar sein möchte, der seine Leute ohne große Umwege erreicht. Erfolgreiche Missionare aber komponieren ihre Predigten mindestens so durch wie Kluwe seine Songs. Solange er sang, blieb das Publikum und klatschte. Je mehr er herumredete, desto mehr verließen vorzeitig den Saal. Ist doch schade drum.
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