HAMELN. Kinder ertrinken leise – allein die Aussage lässt einen nicht kalt. Ertrinkt ein Kind wirklich, ist es für die Familien kaum zu überwinden. Um dem vorzubeugen, und weil im Corona-Jahr 2020 auch keine Schwimmkurse stattfanden, hatte sich Hameln dazu entschieden, kostenlose Schwimmkurse anzubieten.
„Ich kriege immer noch eine Gänsehaut, wenn ich dran denke“, sagt die Betriebsleiterin der Hamelner Bäder, Janine Klauder. Die Bedenken, die das Team um Janine Klauder hatte, galten vor allem dem Preis, den Eltern für die Schwimmkurse zu zahlen hatten: null Euro. Das Motto „was nichts kostet, ist nichts wert“ hatte alle befürchten lassen, dass einige Teilnehmer und deren Familien es mit der Verbindlichkeit nicht so genau nehmen könnten.
„Wir hatten Anmeldungen ohne Ende – und dann kommt keiner?!“, so die Sorge. Eine unberechtigte, wie sich herausstellte. Es seien ursprünglich 59 Kurse à acht Kinder geplant gewesen, erzählt Janine Klauder. Abgehalten wurden letztlich „70 Kurse mit zehn, 12, 13 Kindern“, die dann entweder geteilt werden oder von zwei Trainerinnen betreut werden mussten. Zum Vergleich: „Sonst haben wir im Sommer zwei bis vier Kurse in den Ferien.“
Den größten Respekt zollt Janine Klauder den zwölf Kursleiterinnen und -leitern. Das Team bestand aus Mitgliedern des Hamelner Schwimmvereins, der DLRG Hameln und dem Kreissportbund sowie Angestellten der Aquasport Hameln GmbH. Die Trainer hätten bis zu sieben Kurse pro Tag hintereinander gehabt, „sie waren immer mit im Wasser, keiner ist ausgefallen“ – acht Wochen, jeden Tag. Und: „Ich finde es unglaublich bemerkenswert, dass sie sich alle die Namen der Kinder gemerkt haben“, schwärmt Klauder – denn das waren etliche.
Bis 2012 haben wir kein Seepferdchen abgenommen.
Janine Klauder, Betriebsleiterin Hamelner Bäder
585 Kinder waren für die Kurse im Südbad angemeldet, 230 von ihnen haben „Seepferdchen“ gemacht, 120-mal wurde das Deutsche Schwimmabzeichen in Bronze abgenommen und „sogar elf Kinder haben DSA in Silber geschafft“, legt Janine Klauder die Bilanz in Zahlen vor. Zwar wird die DLRG (Deutsche Lebensrettungsgesellschaft) nicht müde, zu betonen, dass das „Seepferdchen“ kein Schwimmabzeichen und somit kein belastbarer Beweis ist, dass ein Kind schwimmen kann.
Für die Kinder aber ist das kleine runde Abzeichen ein erstes Etappenziel und Motivationsschub, weiterzumachen. „Bis 2012 haben wir kein Seepferdchen abgenommen“, sagt Klauder über die überholte Praxis in den Hamelner Bädern. Ihre Kritik daran: „Damit nehmen wir uns die Chance“, die Kinder ins Schwimmbad zu bekommen und sie vom Weitermachen zu begeistern.
Die Eltern zahlten nichts, die Kinder kamen trotzdem verlässlich – „die Stimmung war, trotz des teilweise sehr durchwachsenen Wetters, fantastisch“. Auch was sich außerhalb des Beckens entwickelt hat, begeistert Klauder nachhaltig. Früher, erzählt sie, sei die Akzeptanz zwischen den Fachangestellten der Bäder und den Trainern der Vereine „nicht so groß gewesen“. „Durch diese Aktion ist diese Barriere weg!“ Die Stimmung sei super gewesen, „wir haben viel voneinander gelernt“, mit dem Ergebnis, dass jetzt „Verständnis füreinander“ vorhanden ist.
„Der Kurs kostet 80 Euro pro Kind“, hatte Stadträtin Martina Harms den Politikern im Rat der Stadt Hameln im Juni mitgeteilt. Sie hatte damals mit 57 440 Euro kalkuliert – „die Mittel können aus dem Corona-Soforthilfeprogramm zur Verfügung gestellt werden“, hieß es. Dass es zu dem Angebot gekommen ist, war der Initiative der Ratsgruppe aus SPD und Linke zu verdanken. Sie hatte den Antrag auf ein Schwimmunterrichtsprogramm gestellt unter dem Motto „Hameln lernt schwimmen“ – er war von allen Ratsmitgliedern befürwortet worden.
Innerhalb kurzer Zeit wurden die Kurse konzipiert und die Eltern der Grundschülerinnen und -schüler über die Schulen angeschrieben. Klauder spricht der Stadt ein dickes Lob aus: „Großes Kino!“ Wie schnell und unkompliziert „hier gehandelt wurde, war hervorragend“. Sie und ihre Mitstreiter „würden dieses Projekt gerne noch fortführen, um den Rückstand weiter aufzuarbeiten“.
Ersatz fürs Hallenbad Einsiedlerbach
Die Premiere war am Montag: Das mittels einer Traglufthalle in ein Hallenbad verwandelte Waldbad in Unsen hat, wie geplant, am 4. Oktober geöffnet. „Wir haben heute Morgen den Schwimmbadbetrieb aufgenommen“, sagt Ilka Albrecht, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadtwerke und der Tochtergesellschaft Aquasport, die für die drei Hamelner Schwimmbäder zuständig ist. Damit ist für viele Vereine und auch die Schulen die Wintersaison gesichert – denn ihr eigentlicher Trainingsort für die lange Herbst- und Winterzeit ist das Hallenbad Einsiedlerbach. Doch das ist für viele Monate geschlossen, bevor es im Herbst 2023 als frisch saniertes Schwimmbad mit drei Becken wiedereröffnet werden soll.
- Öffnungszeiten Waldbad Sünteltal für die Öffentlichkeit:
Montag bis Freitag: 6 bis 8 Uhr; Montag bis Mittwoch: 15 bis 18 Uhr; Donnerstag und Freitag: 15 bis 20 Uhr; Samstag und Sonntag 9 bis 17 Uhr