Sozusagen ein cooler Name: Eisbein – den man einfach so übernimmt, ohne groß darüber nachzudenken und sich meist im Plural als „Eisbeine“ unangenehm bemerkbar macht. Vielleicht aber suggeriert die fettreiche Haxe auch Wärme von innen gegen das Eis von außen – auch wenn es dann eigentlich „Heißbein“ heißen müsste.
Sei’s drum: Zumindest in Berlin landet es vielversprechend mit Sauerkraut und Erbspüree auf dem Teller. Tatsache ist aber auch, dass die knöchernen, extrem stabilen Wadbeine unserer Schweinderln früher als Kufen beim Schlittschuhlaufen verwendet wurden. Auch Goethe drehte auf den Schweins-Haxen seine Runden auf dem Eis – vermutlich von den Damen dafür mehr angehimmelt als für seine Poesie. Auch heute noch beeindruckt sein Bild, das ihn auf Schlittschuhen – das heißt, Schweinekufen – zeigt, die via Eis zum Eisbein stilisiert wurden. Und einem Lieblingsgericht der Berliner.
Was die „Saupreiß’n“ wieder näher an die Bayern rückt, die einst als „Saubayern“ galten. Weil sie mehr Schweine produzierten, als sie selbst essen konnten – und es waren durchweg „glückliche Schweine“, die sich noch suhlen durften und Allgäuer Landluft schnupperten. Heute müssen die Bayern einen Teil der Haxen, bevor sie in Brauntönen glänzen können, aus dem Norden importieren. Aus Niedersachsen vor allem. Und nicht ganz so Glückliche. Was heute in Bayern noch im Übermaß produziert wird – neben Nobelkarossen – sind Rinder. Auch wenn es die selten bis zu uns schaffen. Kulinarisch eher unerfreulich, weil die bayerischen Rindviecher mit Auslauf auf saftigen Wiesen noch eine Ahnung vermitteln, warum sie so hoch in Kurs stehen.
Auch wenn wir heute nicht mehr auf den Wadbeinen der Schweine übers Eis gleiten – auf den Esstischen landen sie noch immer. Wobei die Berliner Machart an Beliebtheit nach und nach eingebüßt hat, weil dort, wo deutsch gesprochen wird, Gebratenes haushoch vor dem Gekochten rangiert. Und so eine glänzende Fettschwarte zur Zeit eher eine kulinarische Auszeit nimmt, betreiben wir also ein bisschen Artenschutz.
Für unseren ersten Bundespräsidenten aus dem „Ländle“, liebevoll auch „Papa Heuss“ genannt, war das Eisbein, das er als Student in Berlin kennenlernte, sozusagen „Liebe auf den ersten Biss“. Und nicht nur, weil er es in dem Kellerlokal „Zum strammen Hund“ genießen durfte, das noch im 19. Jahrhundert in einer „Budike“ am Görlitzer Bahnhof erstmals das „Eisbein“ auftischte.
Es beginnt am Vortag – noch ohne Haxen – mit dem Einweichen von 250 Gramm ungeschälten gelben Erbsen. Man könnte vermutlich auch grüne nehmen – aber so wird die großstädtische Blässe des Gerichts betont. Am nächsten Tag vier gepökelte Eisbeine à 500 Gramm – oder so viel sie auch immer wiegen, aber möglichst alle gleich groß – in einem großen Topf mit knapp 4 Liter Wasser aufkochen. Immer wieder abschäumen und einmal aufgekocht, die Hitze reduzieren.
2 Zwiebeln und 1 Möhre putzen und zusammen mit 2 Lorbeerblättern, 10 Pfeffer- und 6 Pimentkörnern, 4 Wacholderbeeren und einer guten Prise Zucker in den Topf geben. Rund drei Stunden leicht köcheln lassen. Nach eineinhalb Stunden die Erbsen im Einweichwasser zum Kochen bringen. Eine geputzte Möhre und ein Stück Knollensellerie mit 1 Zwiebel und einer guten Prise Majoran und Thymian dazugeben und langsam weich kochen lassen. Wenn sich Schinkenreste oder eine Speckschwarte im Kühlschrank finden – rein damit. Immer wieder umrühren, damit nichts ansetzt. Sind die Erbsen gar, Gemüse und Schwarten entfernen und die Erbsen mit dem Mixstab pürieren. 60 Gramm durchwachsenen Speck in kleine Würfelchen schneiden, in 1 EL Butter knusprig braten und nach dem Anrichten über das Püree streuen.
Für das Sauerkraut 1 Zwiebel schälen und fein hacken. 1 EL Schweineschmalz erhitzen, Zwiebel darin andünsten und 1 Kilo Sauerkraut mit zwei Gabeln auflockern und in den Topf zum Schmalz geben. 1/4 Liter trockenen Weißwein angießen und 5 Wacholderbeeren dazugeben. Gut 20 Minuten köcheln lassen. Sauerkraut auf einer großen Platte mit den Eisbeinen anrichten. Das Erbspüree in eine Schüssel füllen. Dazu Mostrich (Senf) reichen – zum Trinken gibt’s Bier. Ein Klarer ist bei Eisbein-Liebhabern obligatorisch.
Copyright © Deister- und Weserzeitung 2023
Texte und Fotos von dewezet.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.