Die Rechnung sollte für Schüler nicht unbedingt als Vorbild gelten, denn der Freudensonntag – und Freude vermutlich, weil das Fasten zur Halbzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern für einen Tag ausgesetzt ist und daher auch Fastensonntag heißt – hat von den sechs Sonntagen nur noch zwei vor sich. Und damit vier hinter sich.
Warum das so ist, dürfte mathematisch als Halbzeit nur schwer zu vermitteln sein. Es ist aber auch der Tag, an dem der biblischen Speisung der Fünftausend gedacht wird. Und das hatte nichts mit „Hokuspokus“ – abgeleitet von „Hoc est corpus meum“, also „dies ist mein Leib“ zu tun – sondern einfach damit, dass die Jünger ihre Vorräte überraschend zu teilen begannen. So griffen auch viele andere in die weiten Taschen ihrer Mäntel, holten Brot und getrockneten Fisch heraus und teilten es mit jenen, die ohne Vorräte mitgekommen waren. Es war, wie mir einmal ein Pastor aufklärerisch erklärte, ein „Fest des Teilens“, eine Art Weltpremiere, weil genau das nicht zum Repertoire der Beteiligten gehörte.
Heute sind es nicht mehr Brot und Fisch, die geteilt werden könnten, die vorzugsweise von Würsten abgelöst wurden. Die jeder selbst erwirbt. Bei jedem kleineren oder größeren Fest oder bei Fußballspielen werden Unmengen an Würsten gegessen. Im Volksgetümmel erweisen sich die Wurststände als des Volkes wahrer Himmel. „Botuli fervidissmi!“ riefen bereits die Straßenhändler im alten Rom mit dem Bauchladen vor der Toga, was so viel heißt wie in Schwaben „Jesusmäßige heiße Würscht“.
Auch Luther, kein Kostverächter, wurde immer mal mit Wurst in Verbindung gebracht. Noch 1870 hing im Münchner Rathaus ein Bild, das Luther samt seiner Käthe zeigt, wie sie auf einer Sau mit Bratwürsten in den Händen schnurstracks in die Hölle reiten. Auch Goethe zählte zu den Wurst-Fans – sein Frankfurter „Schwartenmagen“ lag ihm besonders am Herzen und später am liebsten im Bauch. Seine einstige Freundin Marianne von Willemar war seine Lieferantin in die weimarsche Wurst-Diaspora – zumindest was den Schwartenmagen betraf. Ausgerechnet mit Blutwurst kam es dann zum Eklat. 1811 zoffte sich Bettina von Armin, Goethes „kindliche“ Freundin mit seiner Christiane. Vor dem ganzen Hof biss Goethes schwächere Hälfte, sturzbesoffen, wie so oft, ihrer Kontrahentin in die Backe und gab ihre eine Ohrfeige, dass die Brille im hohen Bogen wegflog. Bettina nannte sie postwendend „eine wahnsinnige Blutwurst“. Der Name blieb ihr. Goethe musste, um den Hausfrieden zu erhalten, Bettina sein Haus verbieten. Eine Blutwurst als Liebes-Killer. Es ist eben nicht alles wurst – was Wurst ist.
Um die soll es jetzt gehen – und versuchsweise einmal selbst gemacht: Wurst im Netz. Und das bekommt man als Schweinenetz beim Metzger – und sollte es unbedingt vorbestellen. Und das auch öfter, weil sich die Fettadern ideal zum Wickeln eignen und verhindern, dass das Gargut austrocknet. Also rechtzeitig vorbestellen.
Für die Wurstfülle werden 500 g Rind- oder wahlweise Schweinefleisch benötigt. Es kann roh, bereits durchgedreht, aber auch gekocht oder gebraten sein. Also auch als Resteverwertung dienen. Das Fleisch, eine große, geschälte und grob zerteilte Zwiebel sowie zwei Knoblauchzehen mit zwei in Bouillon eingeweichten Brötchen – gut ausdrücken – durch den Fleischwolf drehen. Oder bei „Hack“ einfach gut alles vermengen, dabei aber Zwiebel und Knoblauch sehr fein würfeln. Dazu kommen noch zwei Eier, Salz, Pfeffer, Thymian und Majoran. Schließlich werden noch etwa 250 g gewürfelter Schinken eingearbeitet.
Das Schweinenetz ausbreiten und die Farce in Wurstform darauf drapieren und gut einwickeln. In Abständen von je fünf Zentimetern mit Küchengarn abbinden und in Butter bei kleiner Hitze eine gute halbe Stunde braten lassen. Fäden entfernen und mit Kartoffelpüree und Gemüse anrichten. Wer will, kann auch verschiedene Gemüse und Pilze in die Wurst einarbeiten. Mit Baguette und Salat lassen sich die „Netz-Würste“ auch kalt genießen.
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