Ziemlich apodiktisch, was den Franzosen dazu einfällt: „Un poisson sans boisson est poison“ – ein Fisch ohne Getränk ist Gift oder schlicht: Er muss schwimmen. Denn so ganz ohne Wein: einfach nicht perfekt.
Und schlimm genug: weniger lecker. Italiener sehen das pragmatischer, fast schon philosophisch, denn wer beispielsweise zum Risotto Wasser trinkt, muss sich belehren lassen: „Il riso nasce nell acqua e muore in vino.“ Der Reis wird im Wasser geboren und stirbt im Wein. Eigentlich ein schöner Tod – zumindest für Reis.
Aus welchem Grund auch immer, gilt der Seelachs – der gute alte „Köhler“, wie er früher einmal hieß – als wenig elegant. Geradezu billig – und ein wenig, um die Nase zu rümpfen. Und tatsächlich ist er preiswert im Vergleich zum Gräten-Adel von der Seezunge über den „Petersfisch“ alias „Heringskönig“ bis zum „Loup de mer“, dem Wolfsbarsch.
Was ich am bescheidenen Seelachs – auch das mittlerweile relativ, denn zuletzt verfettigte er sich preislich von 1,70 Euro je 100 Gramm auf etwa 2,30 Euro und mehr. Hinter „preiswert“ also bereits ein dickes Fragezeichen – dennoch: Sein ebenso zartes wie delikates Nussaroma, das sich besonders schön entwickelt, wenn er auf einem dünnen Film Olivenöl ganz sanft gegart wird, bis er sich, saftig glänzend, leicht aufblättert. Das sieht nicht nur wunderschön aus – es ist purer Genuss. Allerdings: Auch diese „Rose“ aus dem Meer ist nicht ohne Dornen zu haben. Denn noch immer wird Seelachs im nördlichen Atlantik mit der Technik des Grundnetz-Fischens aus dem Wasser geholt. Was den Meeresboden schädigt – vor allem aber auch extrem viel Beifang produziert.
Allerdings auch positiv: Seelachs muss noch nicht – und die Betonung liegt auf noch – in Aquakulturen großgepäppelt werden. Und das heißt: Ohne zusätzliche Antibiotika und Hormon-Beigaben, wie sie in der Massentierzucht zwangsläufig zur Anwendung kommen. Egal ob bei Huhn, Pute, Kalb, Rind oder Schwein und natürlich auch beim Lachs – wir immunisieren uns mit den Antibiotika genau gegen den Stoff, der uns eigentlich helfen soll. Ein Problem in unseren Kliniken, das sich künftig vermutlich mit Corona messen kann – nur nicht so populär ist.
Neben der einfachsten Zubereitung – im Zweifelsfall landet er bei mir immer auf dem Olivenölfilm – lässt er sich zur Abwechslung auch panieren und in Butterschmalz goldfarben herausbacken. Wobei es sich immer empfiehlt, den dickeren Kopfteil zu nehmen, wo sich allerdings auch eine Reihe Gräten befindet, die man aber problemlos mit einem Schnitt abtrennen kann. Mit ein bisschen kleingeschnittenem Gemüse, Karotte, Sellerie, Lauch, einer Schalotte und etwas Wein lässt sich aus dem Grätenteil im kleinen Topf etwas Fischfond ziehen, der dann die Basis für bestimmte Saucen bildet. Aber Vorsicht, der Sud darf nicht zu lange köcheln, weil er sonst klebrig wird.
Es geht natürlich auch ohne – beispielsweise mit einer Senfsauce, wie sie bei uns seit ewigen Zeiten beliebt ist. In einer Sauteuse (Topf mit schrägen Wänden) oder einem normalen Topf 80 Gramm Butter sanft schmelzen, 2 EL scharfen Senf dazu geben, etwas Zitronensaft, eine Prise Salz und Cayenne-Pfeffer. Zu einer sämigen Sauce rühren und nach und nach 125 ml Sahne angießen. Jeweils einkochen, zuletzt mit Wein abschmecken.
Oder doch mit Fond. Während der Fisch im Ofen warm gehalten wird, etwas Fond, etwa 100 ml in die Pfanne gießen und zusammen mit dem Bratfett – das ja kaum den Boden bedeckt – aufkochen. Reduzieren und abschmecken. Als Beilage bieten sich Salzkartoffel mit Petersilie in Butter geschwenkt an und auch gedünsteter Blattspinat. Sollten Sie mit Curry und Apfelstückchen experimentieren wollen, bietet sich als Begleitung Basmati-Reis an. Natürlich sind auch Nudeln eine Option, vorzugsweise Bandnudeln, die aber nicht zu breit sein sollten. Und wer will, kann sein Filet, das auch in größere Stücke geteilt sein kann, auf mildem Weinsauerkraut servieren. Dann aber mit Paprika. Pulver natürlich – oder aber in ganz feine Würfelchen geschnitten und in Butter gedünstet. Natürlich salzen.