Wenn ein heimwehkranker Bayer bei seinem Fleischhauer, der hier sein Metzger ist, ein „Wammerl“ möchte, bekommt er im Idealfall ein Stück Bauchfleisch angeboten – oder er muss sich mit einem erstaunten „Hä?!?“ oder „Wie bitte?“ zufriedengeben. Deutsch ist nämlich nicht überall, wo es gesprochen wird, auch als Deutsch erkennbar.
Selbst in Deutschland nicht. Und Urlauber, die an der See, in Bayern, Österreich oder der Schweiz die schönsten Tage des Jahres verbringen, können, sogar kostenlos, ihr „blaues Wunder“ erleben. Nicht nur in Dresden. Zumindest sprachlich, was das Vokabular betrifft, obwohl ja auch anderswo angeblich deutsch gesprochen wird. Ein Mirakel, wie es schon vor Tausenden von Jahren beim Turmbau von Babel für Verwirrung sorgte.
Ende der 70er Jahre hat in Österreich eine radikale Rückbesinnung auf das eigene Vokabular stattgefunden. Zumindest auf den Speisekarten. Eine Art Sprach-Streik. Von heute auf morgen: Statt mit Tomaten fanden und finden sich Urlauber plötzlich mit „Paradeiser“ konfrontiert. Egal, ob als Sauce, Salat oder Suppe. Der so ungewohnte „Karfiol“ entpuppt sich als schlichter Blumenkohl und die Aubergine – schon mal als Eierfrucht geführt – klingt als „Melanzane“ seltsam italienisch. Wie so vieles in Österreichs Küche.
Manchmal auch auf gewundenen Pfaden, wie die so leckeren „Palatschinken“, ähnlich unseren etwas dickeren Pfannkuchen, die sich vom bulgarischen „placinta“ ableiten, das sich in Ungarn „palacinta“ nennt und über einen Umweg über Böhmen in Österreich als „Palatschinke“ heimisch und geliebt fühlt. Und weit und breit kein Schinken, mit dem sie ebenfalls gefüllt sein könnte.
Kontrastprogramm zur Marillen-Marmelade, die für Sie eindeutig nach Aprikosen schmecken dürfte. Womit sie zweifelsfrei recht haben, denn Marillen sind die Aprikosen, die nicht nur in der Wachau Marillen heißen und auch als Schnaps oder Likör zu genießen sind. Abgesehen davon dient den Palatschinken das lateinische „placenta“ als Stamm. Und das kennen wir als Mutterkuchen. So einfach und gleichzeitig kompliziert und verwirrend, womit wir uns täglich – vor allem als Touristen – herumschlagen müssen, um uns einigermaßen zu verständigen.
Nicht anders bei der sonst so neutralen Schweiz, wo eine schlichte Gurke zur „Gugummere“ mutiert, abgeleitet vom französischen „Concombre“. Beim Feldsalat brauchen wir noch nicht einmal Anleihen – denn was in Basel oder Zürich ein „Nüssli“ ist, heißt in Österreich „Vogerlsalat“.
Warum auch immer: Was als Sahne in deutschen Landen auf den Tisch und ins Essen kommt, ist in Österreich „Obers“, weil es oben schwimmt – und auf Schweizerdeutsch als „Niddel“ im Handel. Wenn auch immer seltener. Wer in Österreich über „Fisolen“ stolpert, landet bei Bohnen, Pfifferlinge firmieren als „Eierschwammerl“ und die Kartoffeln feiern als Erdäpfel identische Triumphe. Auch als Salat. Rosenkohl wandelt sich in „Kohlsprossen“, Meerrettich wird zum „Kren“ und bleibt scharf. Das gilt auch für den Senf, der in Berlin als Mostrich seinen Auftritt hat.
Eher krass die Beeren-Mutanten, wenn aus den Johannisbeeren (rot) „Ribisel“ werden von den botanischen „ribes“ abgeleitet, während das „Männlein im Walde“ eine Wandlung von der Hagebutte zu „Hetschibetschi“ erfährt. Kindermund vermutlich. Der berühmt doppeldeutige Quark – weil halt so vieles Quark ist – steht bei „tu felix Austria“, dem glücklichen Österreich, als „Topfen“ auf den Karten, auch als „Topfenpalatschinken“, die weit über alle auch sonstigen Verwirrungen so unendlich versöhnlich lecker sind.
Für den Teig
- 250 ml Milch,
- 140 g Mehl,
- zwei Eier,
- 2 TL Zucker
- und eine Prise Salz
glatt rühren. In einer beschichteten Pfanne jeweils etwas Butter schmelzen und nach und nach dünne Pfannkuchen backen.
Für die Fülle
- 400 g 20-%-Quark über Nacht in einem Tuch abtropfen lassen
- und mit 90 g Zucker,
- 40 g flüssiger Butter,
- 2 EL eingeweichten Rosinen, etwas Stärkemehl,
- einem Ei plus einem Dotter
- sowie etwas geriebener Zitronen-Schale
gründlich vermischen. Quarkmasse auf den Pfannkuchen verteilen und aufrollen. Halbieren und dachziegelartig in eine gebutterte Auflaufform schichten. Für die Royale je 125 ml Milch und Sahne mit einem EL Honig und 4 Eiern verquirlen. Die Pfannkuchen damit übergießen und im auf 180 Grad vorgeheizten Ofen etwa zehn Minuten goldgelb überbacken. Mit Puderzucker bestäubt
servieren.