Womit beileibe nicht gesagt sein soll, dass Bademeister kein stressiger Job werden kann, wenn es im Wasser nur noch Stehplätze gibt, auf der Wiese Kinder quengeln und Jugendliche zwischen relaxenden Sonnenanbetern herumtoben, die diese Bengels am liebsten erwürgen würden.
Doch für Edathy lief der Job gestern morgen eher gemächlich an: Beckenreinigung war angesagt - mit einem ferngelenkten Staubsauger, der noch das letzte Sandkorn vom Vortag vom Beckenboden fischt - das macht sogar noch Spaß.
Zumindest einmal wurde der Parlamentarier damit konfrontiert, dass Bademeister gute (Magen)nerven brauchen: Ein Kind musste sichübergeben, Lehmann und Edathy leisteten erste Hilfe. Lehmann schilderte, das gehöre für ihn zum Alltag wie Schnittwunden, blaue Flecken und manchmal ein Kind an die Hand nehmen und die Mutter suchen, die aus dem Gesichtskreis des Nachwuchses verschwunden ist.
Die Badegäste erlebten den Bundestagsabgeordneten nicht nur im korrekten Bademeisterdress, mit Bermuda-Shorts und weißem Adidas-Polo-Shirt mit dem Logo der Bäderbetriebe, sondern auch in der Badehose. "Kompliment" raunte es von der Handtuch-Front, "der Mann kann sich sehen lassen". Kunststück: Edathy joggt und geht ins Fitness-Studio. Doch selbst am Beckenrand holte den Mann aus Berlin die Politik wieder ein. Ob er denn den Ausstieg der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ARD wie ZDF aus der Liveberichterstattung bei der "Tour der France" für richtig halte, wollte man von ihm wissen. Klar doch, ließ Edathy keinen Zweifel. Doping sei nun einmal Betrug am Publikum wie an den Sportkollegen. Dann warf er den Motor des Aufsitzrasenmähers an - auch Rasenmähen gehört zu den Pflichten von Freibadmitarbeitern. Am Ende des Tages - Edathy hatte, wie schon Tradition, das Grundgesetz als handliches Taschenbuch verteilt - war er wieder ganz Bundestagsabgeordneter und gab per Telefon schnell noch ein Radio-Interview zum Thema Integrationspolitik. Kein ernsthaftes Problem, schließlich ist das sein Spezialgebiet.
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