Landkreis (ssr).
"Die Unruhe und der Zorn wachsen an." So haben Betriebsratsmitglieder der Stadthäger Firma Lühr gestern die Stimmung in der Belegschaft beschrieben. Rund 70 Lühr-Mitarbeiter und etwa 250 Faurecia-Kollegen haben wie die Belegschaft der Fränkischen Rohrwerke in Bückeburg gestern mit Warnstreiks ein weiteres Signal ihrer Kampfbereitschaft in dem sich zuspitzenden Tarifkonflikt gesetzt.
Vor dem Tor des Lühr-Standortes am Festplatz versammelten sich rund 70 Mitarbeiter. Das ist etwa ein Viertel der Belegschaft, von der sich allerdings ein erheblicher Teil noch im auslaufenden Osterurlaub befindet. "Ich bin mit der Beteiligung daher sehr zufrieden", sagte Betriebsratschef Horst Fischer. Der Warnstreik begann mittags und schloss die Spätschicht ein. Als "Provokation" bezeichnete IG Metall-Sekretär Herbert Hahn auf der kurzen Kundgebung um 15 Uhr das bisher von den Metallarbeitgebern vorgelegte Tarifangebot. Zwischen dem und der Forderung der Gewerkschaft lägen Welten. Mutmaßlich komme es schon sehr bald zur Urabstimmung, prophezeite Hahn. Viele Lühr-Mitarbeiter seien von diesem Tarifkonflikt besonders betroffen, weil die Arbeitgeberseite einen gesonderten, so genannten "Service-Tarifvertrag" für Bereiche wie Buchhaltung, Poststelle, Rechnungswesen oder Personalverwaltung anstrebten. Eigentliches Ziel der Arbeitgeber sei laut Hahn aber: "Für diese Bereiche wollen die Arbeitgeber, de facto abgekoppelt vom Flächentarif, Arbeitszeiterhöhungen ohne Lohnausgleich erreichen." Hahn kämpferisch: "Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen, dagegen müssen wir auf die Straße gehen."
Mit völligem Unverständnis steht auch Betriebsratschef Fischer dem Angebot der Arbeitgeber gegenüber: "Da wurde gerade bei der Göttinger Firma Mahr ein Haustarifvertrag über 3,5 Prozent Lohnerhöhung abgeschlossen, und in der Fläche sollen wir mit einem Drittel davon abgespeist werden - das kann nicht sein." In der Belegschaft gebe es zunehmende Unruhe: "Die Leute wollen jetzt endlich ein ernsthaftes Angebot sehen." Ein wesentlicher Hintergrund seien die stark steigenden Energiepreise. "Da ist jeder von betroffen, das merken wir in den Portemonnaies enorm, dafür muss ein Ausgleich her", kommentierte Lühr-Betriebsrat Thomas Meier: "Ohnehin ist eine Stärkung der Kaufkraft längst überfällig."
Auf einen einstündigen Warnstreik beschränkten sich gestern rund 250 Mitarbeiter beim Autositzhersteller Faurecia. Dabei ging es darum, nochmals ein Zeichen für die Kampfbereitschaft für den bevorstehenden Streik zu setzen.
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