Landkreis (rnk).
Der Steinbruch in Obernkirchen hätte sich aus historischen Gründen noch ein bisschen stärker als Ausgangspunkt angeboten, aber auch die "Süße Mutter" war keineswegs eine zweite Wahl: Hier hielten einst die Pferde der Fuhrgespanne auf ihrem Weg von den Sandsteinbrüchen in die weite Welt schon automatisch, weil die Wirtin mitein paar Stückchen Zucker neue Energie spendete.
Sich auf einer historischen Route zu bewegen, dies habe der Obernkirchener Gärtnermeister Gerd Kirchner schon 1999 angeregt, unterstrich Dr. Stephan Walter als Vorsitzender der Schaumburger Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft (SDAG) in seiner kurzen Ansprache. Es habe dann doch ein paar Jahre gedauert, bis dieser Wunsch in die Realität umgesetzt und ein "Markstein unserer Beziehungen" auf die Reise geschickt werden konnte.
Das Warten hat sich indes gelohnt, denn der 1,8 Tonnen wiegende Stein, den die Obernkirchener Sandsteinbrüche spendeten und der im "Garten der geliebten Steine" unterhalb der Paschenburg von den dortigen Steinmetzen mit den Wappen des Landkreises Schaumburg und der Stadt Schaumburg in Illinois verziert wurde, ist nicht nur ein gewichtiges Pfand der Freundschaft zwischen beiden Orten, sondern wegen seiner Symbolik auch bestens geeignet, um die historische Route für einen Tag wieder aufleben zu lassen: Aus dem Steinbruch in die große, weite Welt.
Bremen hieß nach dem Verladen in Rinteln dann die nächste Station für einen Block aus dem Sandsteinbruch, erklärte Obernkirchens Museumsleiter Rolf-Bernd de Groot nicht nur im stilechten Stadtschreiber-Outfit, sondern auch in witziger Versform: "Der Rat dort war recht ausgeschlafen
/
er stapelt unsern Stein im Hafen, verscherbelt ihn dann hundsgemein
/überall hin als Bremer Stein."
Von der "Süßen Mutter" trabte das Pferdegespann "Max" und "Annika" dann locker nach Rinteln, immer verfolgt von Polizeihauptkommissar Klaus-Dieter Budde, der hinter dem Gespann herlief, um im Falle eines Falles auf den Gefällestrecken nach Buchholz und Rinteln mit der Handkurbel bremsend auf das Gespann einwirken zu können. Eingreifen musste er nicht, Gespannführer Bruno Breitkreuz aus Silixen verstand sein Handwerk.
In Rinteln wurden Gespann und Wappen am "Alten Kran" am Brückentor von Bürgermeister Karl-Heinz Buchholz und Landrat Heinz-Gerhard Schöttelndreier sowie vielen Zuschauern begrüßt. Buchholz überreichte Walter ein symbolisches Hufeisen, Dr. Vera Lüpkes als Leiterin des Weserrenaissance-Museums Schloss Brake in Lemgo erklärte die Historie der Transporte: Nur vier bis fünf Monate lang hätte früher der Seeweg genutzt werden können, weil Schneeschmelze und auch die Saat- und Erntetermine der Bauern die Zeit eingeschränkt hätten. Denn die Bauern waren für die Transporte unerlässlich: Andere Spediteure, die ein Gespann und einen Anhänger hatten, gab es nicht. Und: Der Seeweg sei günstiger als der Weg auf den Straßen gewesen.
Zwar wurde der Stein nur symbolisch auf den Weg nach Bremen und von dort in die neue Welt geschickt, aber echt war der musikalische Gruß des Jugendblasorchesters der Stadt Rinteln: Ganz zum Schluss gab es Blues aus Chicago. Und von dort ist der Weg nach Schaumburg/Illinois ja nur unwesentlich länger als von Obernkirchen bis zum "Alten Kran" in Rinteln.
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