Frittata, wenn man so will, eine gar nicht so entfernte Verwandte unseres Bauernfrühstücks, das in den 60er Jahren noch so gut wie auf jeder Karte von Gaststätten und Restaurants zu finden war. Der Preis – so um die zwei Mark. Also ausgesprochen preiswert. Dazu lecker und mittlerweile längst auf der „roten Liste“ der vom Aussterben bedrohten Gerichte.
Wer bestellt heute noch ein „Bauernfrühstück“, das mit herrlich goldbraunen Kartoffelscheiben locker in Ei gehüllt und Speckwürfeln und Essiggurken – auch sie meist hausgemacht – auf großen ovalen Tellern serviert wurde. Geschmacklich konnte nicht wirklich was schiefgehen – auch wenn man über Bratkartoffel durchaus philosophieren und auch streiten kann.
Eines war immer garantiert: Man war wunderbar satt – und ja doch, glücklich. Vor allem auch, wenn es final ans Zahlen ging. Zwei Mark – der Gegenwert für eine Packung Zigaretten. Billigkost und die offenbar unter unserer Würde – auch wenn wir bis Aerzen fahren, wenn dort im Discounter Joghurt pro Becher drei Cent billiger ist und die Fahrt mittlerweile teurer als die Ersparnis.
Was das Bauernfrühstück wiederbeleben könnte: Es lässt sich auch vegetarisch, also ohne Speck zubereiten. Nicht ganz so lecker, wie ich kleinlaut zugeben muss. Auch wenn mit Rosmarin und Thymian durchaus ein Äquivalent geschaffen werden kann und auch Pilze den Speck ersetzen können. Und auch ein Salat via Dressing für zusätzlichen Geschmack sorgt.
Was die italienische Version unseres Frühstücks-Auslaufmodells betrifft: Es ist – und zwar seit Jahrhunderten – so beliebt wie aktuell. Das ist der Unterschied: Italiener lieben ihre einfachen Gerichte – wir schämen uns dafür. Wie die Franzosen ihre Omeletts, vor allem in der Provence, so vielfältig mit Spinat, Zwiebeln, Tomaten, Fenchel oder Artischocken bereiten, beglückt sich Italien mit einer friulanischen – das ist auf der Stiefel-Karte ganz rechts oben – Frittata ale erbe. Also mit Kräutern oder als toskanische Frittata con zucchini – oder so leckeren Varianten con le cipolle, also Zwiebeln oder con formaggio, was mit Parmesan bedeutet.
Was die Frittata zusätzlich auszeichnet: sie kann heiß, lauwarm und auch kalt genossen werden und muss auf keine Jahreszeit Rücksicht nehmen – und ist lecker als Antipasto, als primo piatto – und könnte bei uns mit Salat auch als leichtes Abendessen auf den Tisch kommen.
Preiswert, leicht, gesund – und, was so kombiniert, eher selten ist: ausgesprochen lecker. Dazu ein leichter Wein. Beim Essen lassen sich die Stiefelbewohner Zeit. Schon „kurz einkehren“ heißt bei ihnen „fare mezzo litro“ – also ohne einen halben Liter ist da nichts zu machen. Und das amerikanische – dem sonst so verehrten Edison zugeschriebene –
„time is money“ Italienern extrem fremd ist. Was nichts daran ändert, dass wir hier wie Schilf im Sturm schwanken, weil wir uns zwischen „Time is
money“ und „Dolce far niente“ nie werden entscheiden können und die Hoffnung nicht aufgeben, beides doch noch vereinen zu können.
Ein schlichtes Rezept: Sechs nicht zu große Zucchini – was so gar nicht zu uns passt, weil unsere Prachtexemplare eher der Keule des Herkules ähneln und eigentlich waffenscheinpflichtig sein müssten. Also sechs kleinere in dünne Scheiben hobeln. Dazu vier Eier, die mit 50 Gramm Parmesan, Salz und Pfeffer verschlagen werden. Eine kleingehackte Zwiebel in Olivenöl angehen lassen, Zucchini dazugeben und garen. Die Eimischung über das Gemüse gießen und bei schwacher Hitze stocken lassen. Mit Hilfe eines Tellers wenden und auch die andere Seite bräunen. Heiß oder kalt servieren.
Dasselbe mit Zwiebeln als „Frittata con le cipolle“ – 400 Gramm in feine Ringe gehobelte Zwiebel mit Oregano, Salz und Pfeffer würzen – und mit einem Teller beschwert ziehen lassen. Zwiebel in 2 EL Olivenöl andünsten, vier Eier leicht salzen und mit einer Gabel aufschlagen. Abgekühlte Zwiebel mit den Eiern mischen. Zwei EL Olivenöl in einer Pfanne erhitzen, die Masse einfließen lassen und von beiden Seiten goldgelb backen. Dazu gemischte Blattsalate. Dazu – mindestens: un mezzo litro. Egal, ob rot oder weiß.