Hagenburg (jpw).
Vor knapp fünf Monaten hat die damals leukämiekranke Hagenburgerin Annette Hamann in der Medizinischen Hochschule Hannover die Stammzellen ihres "genetischen Zwillings" transplantiert bekommen. Eine aufwühlende Zeit des Hoffens und Bangens liegt hinter ihr und ihrer Familie. Jetzt schaut die 40-Jährige wieder optimistischer in die Zukunft.
"Meine Werte sind in Ordnung, mein Körper produziert zu 100 Prozent Spenderzellen." Annette Hamann ist erleichtert. Die Untersuchung am Tag zuvor in der Medizinischen Hochschule hat die positive Tendenz bestätigt. Hinter der jetzt wieder zuversichtlichen Frau liegen lange, schwere Wochen, in denen alles schwer fiel, vieles gar nicht mehr ging.
"Alleine von den 30 bis 40 Tabletten war ich satt", erinnert sie sich. Sämtliche Schleimhäute waren von der Chemotherapie entzündet, der Geschmackssinn verschwunden. Essen ging nur mit Widerwillen. "Ich habe tagelang apathisch im Bett gedämmert und Radio gehört. Alles andere war mir zu aufregend."
Sieben Wochen verbrachte sie - isoliert von der Außenwelt - in der Medizinischen Hochschule. Zweimal musste sie auch nach der Entlassung aus der MHH unfreiwillig für einige Zeit dorthin zurückkehren. "Viele haben von den ersten 100 kritischen Tagen gesprochen", sagt sie. Das hat die gelernte Krankenschwester zunächst nicht glauben wollen; dochnachdem nach rund 120 Tagen bei ihr mit dem Geschmacksinn auch die Lust am Essen zurückkehrte, hat sich ihr Zustand deutlich gebessert.
Jetzt lockt schon wieder der Gang mit dem Hund, die gewohnten Fahrten mit dem Fahrrad durch den Ort. "Als ich das erste Mal alleine mit dem Fahrrad losgefahren bin, hat meine Familie mehr gezittert als ich", lacht sie, und dann sind ihrem Gesicht die schweren Wochen kaum noch anzusehen. Durch das "Rausschleichen" - dem wochenweisen Verringern der Medikamente - soll bis Juni ihr Immunsystem schrittweise wieder hochgefahren werden. Bis dahin ist noch der Mundschutz Pflicht, wenn sie sich in Menschenansammlungen bewegt. Kleine Ziele hat sie sich gesetzt. Wenn sie alleine mit dem Fahrrad zur Apotheke fahren oder auch zum Hausarzt gehen kann, ist sie stolz. Sie ist nicht mehr so ungeduldig mit sich, freut sich an den Frühjahrsblühern im Garten, kann wieder stricken und lesen. "Im Herbst möchte ich mit dem Fahrrad wieder das Steinhuder Meer umrunden", sagt sie. "Mal schaun."
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