Hinter der Umbenennung dürfte - neben der Ehrung der militärhistorisch bedeutsamen schaumburg-lippischen Persönlichkeit - auch eine gehörige Portion Ärger über die vorgesetzten Dienststellen der Heeresfliegerwaffenschule gestanden haben, wie in der Laudatio des Hörsaalleiters deutlich wurde. Denn der ehemalige Hörsaal I, in dem so gut wie alle Offiziere der Heeresflieger aus- oder weitergebildet werden, war im Zuge von EDV-Umstellungen und einer stringenten Durchnummerierung nach Verband und Einheit zum Hörsaal 18 geworden. Hansen: "Ich vertrete die feste Meinung, dass man so der Ausbildungshöhe und -bedeutung dieses Hörsaals nicht gerecht wird." Das habe er auch von vielen Lehrgangsteilnehmern so erfahren.
Eine gute Idee musste her, und als sie da war, auch noch ein Name, der der Aufgabenstellung und der Ausbildung an der Heeresfliegerwaffenschule gerecht wird. Und er wurde im Grafen Wilhelm gefunden. Die Schulleitung wurde schnellüberzeugt, der Fürst stimmte sofort zu, so dass der Antrag an das Heeres
amt gestellt werden konnte, das im September vergangenen Jahres auch zustimmte. Mehrere Monate dauerte es dann noch, den Hörsaal mit tatkräftiger Hilfe des Preußen-Museums Minden und des Landesmuseums Bückeburg entsprechend herzurichten. Mit einem Portrait des Grafen Wilhelm und einer großen Schautafel, auf der das Leben und Wirken des Grafen dargestellt ist: der Bau des Wilhelmsteins und der Militärschule, deren berühmtester Schüler Scharnhorst war; seine militärischen Erfolge in Portugal mit der Reform des dortigen Heeres; sein Festungsbau; das Schaffen eines neuen Wehrsystems in Schaumburg-Lippe; sein philosophisch geprägtes Denken; nicht zuletzt sein Prototyp eines U-Boots, des "Steinhuder Hechtes".
"Graf Wilhelm kann als Musterbeispiel des aufgeklärten, vielseitig humanistisch gebildeten, kleinstaatlichen Fürsten des Absolutismus gelten", wertete Carsten Reuß, der stellvertretende Leiter des Preußen-Museums Minden, im Festvortrag. Der Graf (1724-1777) habe sich früh für militärische Fragen interessiert und unter dem damaligen Zeiteinfluss gestanden, der Kriegsführung zunehmend als Kriegskunst verstand: "Eine Kunst, die durch Verwissenschaftlichung und Rationalisierung, bei weitgehender Schonung der zivilen Verhältnisse, den Krieg und seine Folgen planbar und kalkulierbar machen sollte."
Graf Wilhelm sei sicher nicht der Schöpfer der allgemeinen Wehrpflicht, wie Reuß geraderückte, sein "Stehendes Heer", gebildet aus Landeskindern, aber eine allgemeine Wehrbereitschaft, verbunden mit dem aufklärerischen Appell an die Vernunft und der Gewährleistung allgemeinen Wohlstands: "Hier lag der über seine Zeit hinauswachsende Gedankenansatz."
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