Eigentlich sollte der Putz in dem gut 50 Quadratmeter großen Raum sang- und klanglos abgeklopft werden; doch plötzlich entdeckten die aufmerksamen Handwerker ein großformatiges Gemälde mit Jesus am Kreuz und dem Heiligen Jerusalem im Hintergrund - und auf der anderen Seite derselben Wand trat eine weitere Figur zum Vorschein, deren Finger auf den Erlöser verweist - inclusive Textzeilen aus Römer 8 zum Leben im Geiste.
Sofort wurden die Arbeiten an dieser Stelle eingestellt, denn es wurde schon bei dieser kleinflächigen Freilegung deutlich, dass es sich hierbei um ein veritables Kunstwerk handelt, von dessen Existenz bislang niemand auch nur etwas ahnte. Eine weitere Überraschung trat an einer anderen Wand zu Tage: ein Schriftblock mit hebräischen Buchstaben, dem auf der anderen Wandseite Zeilen in Latein gegenüberstehen, die allerdings im gegenwärtigen Zustand noch nicht entziffert werden können.
Die Spekulationen, die sich mit dieser Entdeckung verbinden, sind ausgesprochen vielseitig: Hatten hier Möllenbecker Juden gastweise einen Betraum zur Verfügung gestellt bekommen? Waren die hebräischen Buchstaben ebenso wie die lateinischen Teil einer Art biblischer Lehrtafel?
Einigermaßen geheimnisvoll auch eine wandbedeckende Holztafel, mit der ein Teil des Raumes abgetrennt war und die im oberen Bereich mit Trennstäben ausgestattet ist: Diese weist durchaus Ähnlichkeiten mit der Vorwand einer Frauenempore auf, wie sie in jüdischen Beträumen üblich ist. "Erfahrene Möllenbecker Handwerker gehen allerdings davon aus, dass diese Tafel jüngeren Datums ist, denn die Holzrahmen und Leisten weisen Spuren maschineller Bearbeitung auf, wie man sie erst seit dem auslaufenden 19. Jahrhundert kennt", merkt dazu Pastor Roland Trompeter an.
Mit der beabsichtigten Freilegung und Restauration der Schriftzeilen ergeben sich unter Umständen weitere Anhaltspunkte zur Klärung: Immerhin hat man auch auf höherer Ebene bereits die mögliche Relevanz der Entdeckung erkannt und ohne große bürokratische Verfahren eine Summe von 12
000 Euro für die vorläufige Sicherung der Wandbemalungen zur Verfügung gestellt.
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