Fußball (pm).
Einen
schlechten Ruf wird man so schnell nicht los. Auch im Fußball ist das so. Und wenn ein Spieler oder eine Mannschaft bei den Schiedsrichtern erst einmal unten durch ist, zeigen die Regelhüter gern auch mal eine Karte mehr. Die Schwarzkittel haben diese Kicker dann auf dem Kieker - so lautet zumindest eine häufige Ausrede der Mannschaften, die in der landesweiten Fair-Play-Wertung auf den hinteren Plätzen landen. Innerhalb des Kreises, das lässt sich anhand der aktuellen Rangliste und dem Vergleich mit den vergangenen Jahren feststellen, fallen immer dieselben Teams auf - positiv wie negativ.
Besonders motivierend scheinen Ehrungen auf die Mannschaften zu wirken. Bezirksklassist TuS Niedernwöhren beispielsweise, aktueller Tabellenführer des "VGH-Fairness-Cups" in Schaumburg und auf Rang 15 in Niedersachsen, wurde vor 2004 für das gute Abschneiden in der Region hervorgehoben, und der derzeitige Tabellenzweite TSV Liekwegen aus der Kreisliga ist in Sachen Fair-Play als niedersächsischer Vizemeister der vergangenen Saison wohl ebenfalls noch auf der Welle des Erfolges unterwegs.
Doch auch am anderen Ende der Tabelle spielen die Teams ihre gewohnten Rollen. Wohl niemand kann schlüssig erklären, warum die Namen FC Stadthagen, SV Obernkirchen, VfL Bückeburg und TSV Algesdorf Jahr für Jahr am Schluss der Rangliste auftauchen. Routiniers beim SVO, Youngsters beim VfL - das Alter der Spieler kann offenbar nicht als Begründung für das Verhalten auf dem Platz herhalten. Unddie Zusammensetzung des Teams kann sich auch scheinbar noch so dramatisch ändern - wie in der jüngeren Vergangenheit beim FC - die Mentalität der Mannschaft bleibt trotzdem dieselbe.
Dabei geht es auch anders: Tabellenführer der NFV-Halbzeitwertung ist Türk Gücü Hildesheim II, der landesweit 1172 Mannschaften hinter sich gelassen hat. Dabei weist das Team den besten Quotienten (0,85) aus Strafpunkten geteilt durch die Anzahl der absolvierten Spiele auf. Für die Strafpunkte sind die Anzahl der Gelben, Gelb-Roten und Roten Karten sowie andere Unsportlichkeiten des Teams wie zum Beispiel Nichtantreten relevant. Dem Hildesheimer Klub es ist dabei nicht nur gelungen, den eigenen Ruf im Bezirk Hannover und darüber hinaus zu verbessern. Auch Vorurteile gegenüber Teams mit Spielern, die überwiegend südländischer Herkunft sind, werden mit der Tabellenführung im "VGH-Cup" widerlegt. Südländisches Temperament muss also nicht zwingend negative Folgen auf dem Spielfeld haben. Kann aber: Das Gegenbeispiel bildet nämlich der letzte Platz der Rangliste von Vatan Königslutter (8,57).
Und auch Schaumburg sah das leider in der Hinserie oft nicht gut aus. Nicht nur die Angriffe eines Spielers des Kreisklassenteams von Weser Türk Rinteln auf den Lindhorster Schiedsrichter Andreas Weigl in Obernkirchen, sondern auch der Vorletzte Platz von Union Stadthagen (5; niedersachsenweit Rang 1073) in der schaumburginternen Wertung sind unrühmliche Zeugnisse von ungezügeltem Temperament. Dass es auf dem Spielfeld noch unfairer zugehen kann, zeigte in der Hinserie aber Kreisligist TuS Riehe als Letzter der Tabelle.
Nicht zuletzt das Auftreten einer ersten Mannschaft auf dem Spielfeld zeichnet aber auch ein Bild des gesamten Klubs. Das an dieser Stelle zu gewinnende Prestige sollte die Vereine eigentlich zu zusätzlichem Wetteifer antreiben, nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern auch in Sachen Fair-Play besser abzuschneiden als die Rivalen. Anstöße hierzu könnten die Funktionäre, aber auch Trainer und Betreuer geben. So könnte ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Stadthäger Vereinen, dem SC Rinteln und dem TSV Exten (beide 3,5; 639) oder der "großen drei" aus Bückeburg (5; 1073), Nienstädt (3,8; 770) und Stadthagen (4,47; 986) auch das Gesamtbild des Kreisverbandes in Sachen Fair-Play erheblich verbessern. Der hat es nämlich als 32. von 47 gewerteten Kreisen ebenfalls bitter nötig, etwas für sein Image zu tun. Und auch der Verweis auf angebliche sportliche Einbußen bei fairer Zurückhaltung ist mit Blick auf das Abschneiden des TuS Niedernwöhren in der Bezirksklasse offenbar unbegründet. Im Gegenteil: Wer stets ein Spiel mit elf Kickern beendet, kann dadurch kaum Nachteile erwarten.
Anschauungsunterricht erhält die heimische "Kickerelite" bei den Fußballern unterhalb der Kreisklasse, die nicht in der NFV-Liste geführt werden. Die hier angesiedelten überwiegend zweiten und dritten Mannschaften glänzen durch besonders niedrige Fair-Play-Quotienten. Zwar gibt es mit der TuSG Rolfshagen (2. West) sowie dem TuS Lüdersfeld II (2. Ost) auch zwei Teams, die mit Quotienten zwischen 4 und 4,23 durchaus auch das Zeug für in die unteren Regionen des "VGH-Cups" hätten. Alle anderen 53 Teams der vier Staffeln in der 2. und 3. Kreisklasse jedoch würden einen Rang im vorderen Mittelfeld des "VGH-Cups" belegen. Der TuS SW Enzen II läge mit einem Teiler von 0,57 sogar mit überragendem Vorsprung niedersachsenweit auf Platz eins. Fünf weitere Mannschaften der 3. Kreisklasse könnten mit ihrer Bewertung den 2. oder 3. Platz belegen. Keine Spur also von den oft beschrieenen "Treter-Ligen". Diesen landläufig schlechten Ruf haben die Kreisklassen offensichtlich nicht verdient und werden ihn auf diese Weise hoffentlich auch bald los sein.
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