Weserbergland (cb).
Das neue Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente am Kernkraftwerk Grohnde ist gestern in Betrieb genommen worden - der erste Behälter vom Typ Castor V/19 wurde bereits eingelagert. Darin enthalten sind 19 abgebrannte Brennelemente. Das teilten das Niedersächsische Umweltministerium als atomrechtliche Aufsichtsbehörde und E.on Kernkraft als Betreiber mit. Die Bürgerinitiative Weserbergland, die durch zwei Mitglieder eine Klage gegen das Zwischenlager eingereicht hatte, reagierte überrascht auf diese Nachricht. "Wir sind davon ausgegangen, dass es nicht in Betrieb gehen darf, bevor das Gericht über die Klage entschieden hat", sagte Thomas Jürgens.
Das 93 Meter lange, 27 Meter breite und 23 Meter hohe Zwischenlager auf dem Gelände des Kernkraftwerkes war bei Kosten von rund 35 Millionen Euro innerhalb von 28 Monaten errichtet worden. Es war im Dezember 2002 durch das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt worden. Laut Umweltministerium wurde der erste Behälter eingelagert, nachdem alle vorgeschriebenen Messungen in Bezug auf Dichtheit, Kontaminationsfreiheit und Strahlungsüberwachung vorgenommen sind. "Die gesamte Beladung wurde von unabhängigen Gutachtern sowie in Teilen auch vom Niedersächsischen Umweltministerium begleitet", heißt es aus Hannover. Im September sei eine weitere Beladekampagne geplant.
Mit Grohnde ist nach dem Kraftwerkstandort Lingen das zweite Zwischenlager in Niedersachsen in Betrieb gegangen. In der so genannten Konsensvereinbarung mit der damals rot-grünen Bundesregierung hatten sich die Energieversorger verpflichtet, dezentrale Zwischenlager zu errichten, um damit Transporte von abgebrannten Brennelementen zu vermeiden. Laut Genehmigung für Grohnde, wo zuletzt Ende 2004 Castoren das Gelände verlassen hatten, ist das Zwischenlager für maximal 100 Behälterstellplätze ausgelegt. Die Genehmigung ist auf 40 Jahre befristet.
Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) erinnerte gestern daran, dass die Zwischenlager nach dem Atomgesetz vorgeschrieben sind. "Dennoch müssen wir im Interesse der Menschen vor Ort dafür sorgen, dass die auf 40 Jahre befristete Betriebsdauer nicht überschritten wird", so Sander. "Diese Lager dürfen nicht zu faktischen Endlagern werden." Deshalb müsse die Bundesregierung für hochradioaktive Abfälle zügig eine tragfähige Lösung für ein zukunftsfähiges Endlagerkonzept vorlegen, fordert Sander.
Zwei Mitglieder der Bürgerinitiative Weserbergland hatten im Februar 2003 Klage gegen das Zwischenlager beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist. Thomas Jürgens als einer der Sprecher der Initiative erwartet nach Rücksprache mit den beiden Klägern erst heute einejuristische Bewertung der neuen Sachlage durch deren Rechtsanwalt.
Wie Jutta Kremer-Heye als Sprecherin des Umweltministeriums erklärte, hatte das Bundesamt für Strahlenschutz die sofortige Vollziehung des Zwischenlagers angeordnet hatte, wogegen keine Klage eingereicht wurde. "Rechtlich stellt sich das dann so dar, dass Brennelemente eingelagert werden dürfen, obwohl eine Klage anhängig ist."
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