Leonardo da Vincis Mona Lisa kennt jeder. Das berühmte panzerverglaste Porträt einer Frau, das im Louvre in Paris der Publikumsmagnet ist. Einer Frau, die scheinbar dem Beschauer mit den Augen folgt, egal, von welchem Standpunkt aus er das Bild betrachtet. Es ist eines der berühmtesten Gemälde der Welt. Mona Lisa lächelt auch den Besucher der aktuellen Ausstellung im Museum Rinteln an, sobald er durch die Tür tritt. Bis zum 13. März ist hier eine Schau der Erfindungen des Universalgenies zu sehen.
Welche Frau übrigens dem Maler für seine Mona Lisa Modell gesessen hat und ob es überhaupt eine Frau war, darüber gibt es unzählige Spekulationen: Eine Nachbarin soll es gewesen sein, eine Gräfin, seine Geliebte, andere Kunsthistoriker behaupten sogar, da Vinci war homosexuell, es sei ein Porträt von da Vincis Geliebten Gian Giacomo Capriotti. Bewiesen ist nichts davon.
Ein fast lebensgroßer da Vinci steht übrigens im Museum nur ein paar Meter weiter mit langem Zauselbart und dickem Notizbuch unter dem Arm. In solchen Notizbüchern hat der Erfinder seine Ideen skizziert. Nur ein Bruchteil der Notizbücher hat die Zeiten überdauert.
Die 21 Schülerinnen und Schüler der Klasse 4b der Grundschule aus Bösingfeld, die Museumsleiter Dr. Stefan Meyer an diesem Vormittag begrüßt, haben nur Augen für die Zahnräder und Kettenantriebe, Holzgerüste und Fluggeräte, die in den Museumsräumen aufgebaut sind. Die Schüler dürfen dann auch kurbeln, schieben, an Hebeln hantieren, selbst ausprobieren, wie diese Konstruktionen funktionieren. Gebaut haben die 40 Maschinen Studenten des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften der Fachhochschule Bielefeld nach Zeichnungen da Vincis. Da Vinci selbst hat, soweit man heute weiß, nie einen Hammer oder Hobel in die Hand genommen, sondern seine Erfindungen von Handwerkern bauen lassen.
Viele dieser Konstruktionen funktionieren, haben einen ganz praktischen Nutzen, andere nicht. Das kann man im Museum erleben und ausprobieren. Der Hubschrauber beispielsweise, der im zweiten Stock von der Decke hängt, könnte sich nie in die Luft erheben. Nicht nur, weil selbst Bodybuilder kaum in der Lage wären, die Luftschraube schnell genug zu drehen, erklärt Museumsleiter Dr. Stefan Meyer den staunenden Schülern, sondern auch, weil sich die Plattform auf der die Männer stehen, immer mit drehen würde. Erst 450 Jahre später sind diese Probleme gelöst worden.
Oder da ist da Vincis Tretboot-Modell: Es fährt nur ruckelig und ist viel zu topplastig, würde also beim geringsten Wellengang kentern. Dass sein Perpetuum mobile nur Spaßfaktor hat – Perpetuum mobile können per se nicht funktionieren – war da Vinci durchaus klar. Man geht davon aus, dass sich der Erfinder, Maler, Philosoph und Naturwissenschaftler der Reibungsverluste zwischen seinen genialem Gedanken und der schnöden Wirklichkeit durchaus bewusst war.
Einer seiner Leitsätze lautete dann auch: Es gibt immer eine andere Möglichkeit, man muss sie nur suchen und finden. Oft ist ihm das ja auch gelungen. Manchmal nicht. Doch selbst diese scheinbar nutzlosen Geräte haben Unterhaltungswert, da Vinci war durchaus auch Entertainer. Beispiele dafür sind auch sein im Museum als Modell ausgestellter Trommelwagen und die Pferdekopf-Lyra.
Es gibt manchen Einfall da Vincis, der zu seinen Lebzeiten umgesetzt worden ist, weil jeder sofort den Nutzen erkannt hat. Gerätschaften, die menschliche Arbeitskraft einsparen oder die Arbeit erleichtern. Wie der von ihm entworfene Ladekran, bei dem sich (im Museumsmodell zu sehen) der Lasthaken auch dann mit einem Zug lösen lässt, wenn darauf eine schwere Last liegt. Praktisch etwa beim Verladen in den Frachtraum eines Schiffes.
Oder die von da Vinci verbesserte Version einer Druckerpresse, bei der man mit einem Handgriff auch eine neue Platte unterschieben kann oder die Gattersäge, angetrieben durch Wasserkraft.
Da Vinci begriff grundsätzliche physikalische Prinzipien, lange bevor sie mathematisch in Formeln gefasst worden sind. Bei dem Versuch, eine Tauchglocke zu bauen, erkannte er beispielsweise, dass der Wasserdruck mit der Tiefe immer mehr zunimmt. Was Museumsbesucher an einem Modell testen können.
Was da Vinci geforscht und umgesetzt hat, war mutig und bisweilen riskant. Denn bei vielen seiner Vorhaben (wie Leichen zu öffnen und Organe zu zeichnen) hat er sich über die Dogmen der katholischen Kirche hinweggesetzt. Auf der anderen Seite durfte sich da Vinci wohl des Schutzes weltlicher Fürsten sicher sein, die Spaß an seinen Erfindungen hatten. Und weil es die Zeit häufiger kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den italienischen Stadtstaaten war, entwickelte er für seine Gönner auch allerhand Kriegsgerät: So eine Rundfestung (das Modell ist im Foyer der Rintelner Sparkasse zu sehen), einen Panzer und ein Schnellfeuergeschütz (das Modell steht im Museum).
Welche der von ihm entwickelten Waffen tatsächlich eingesetzt worden ist – man weiß es nicht. Ein von ihm entwickelter Raketenwerfer setzt bei einem Test die Scheune eines Bauern in Brand. Es stellt sich heraus, die Raketen sind unkontrollierbar.
1480 schrieb Leonardo da Vinci an den Grafen Sforza: „Ich habe noch Pläne für eine Art von Bombarden, die bequem und leicht zu transportieren sind und mit denen man kleine Steine gleich einem Ungewitter schleudern kann; mit dem Rauch derselben wird der Feind in großen Schrecken gestürzt und bei ihm eitel Schaden und Verwirrung gestiftet.“
Da Vinci war ein eigenwilliger Zeitgenosse, Linkshänder, der in Spiegelschrift schrieb. Auf seinen Blättern konnten ein Apostelkopf und Kuppelbau, Bewegungsstudien und das Diagramm eines Licht-und Schatten-Experimentes neben- und übereinander gezeichnet sein. „Ideengewimmel“ hat das der Journalist und Kunstkritiker Dirk Schümer genannt.
Da Vinci hat Schriftsteller wie den Bestsellerautor Dan Brown inspiriert („Sakrileg, der da-Vinci-Code“) und Carl Barks, den Zeichner von Donald Duck. Da kommt der wunderliche Maler „Limonardo da Wischi“ per Zeitmaschine nach Entenhausen und wird im Museum verhaftet, als er dort seine lückenhaften Gemälde fertig pinseln will. Da Vinci als Daniel Düsendtrieb der Renaissance.
Die Ausstellung ist noch bis zum 13. März zu sehen, geöffnet am Sonntag von 11 bis 17 Uhr, von Montag bis Samstag von 14 bis 17 Uhr. Für Gruppen nach Anmeldung (0 57 51) 41 197 auch vormittags oder am Abend. Die Mischung aus Geschichte und Entertainment macht die Ausstellung spannend für jedes Alter.
Die Erfindungen Leonardo da Vincis begeistern auch 500 Jahre nach
seinem Tod noch Groß und Klein. Was das Universalgenie der Renaissance alles auf dem Papier erdacht und als Modell konstruiert hat, sprengt jeden Rahmen. Seien es mittelalterliche Panzer, Hubschrauber oder eine intelligente Krank-Konstruktion. Im Rintelner Museum Eulenburg ist einiges bis 13. März davon zu entdecken.