Obernkirchen. Turnhallen als Massenunterkünfte für Flüchtlinge? Was in der Bergstadt beheimatete Vereine davon halten, haben wir bereits berichtet, wobei unsere Umfrage ein geteiltes Meinungsbild der Vereinsvorsitzenden ergeben hatte. Da der Sportunterricht der Obernkirchener Schulen von solch einer Zweckentfremdung ebenfalls betroffen wäre, haben wir auch bei der Grundschule und der IGS nachgefragt, was deren Leiter hierüber denken.
Mit „Verwunderung“ habe er gelesen, dass Oliver Schäfer, Obernkirchens Bürgermeister, im Pressegespräch angekündigt hat, dass auch auf Turnhallen zurückgegriffen werden müsse, sollten die „Zuzugszahlen“ der Flüchtlinge nicht merklich sinken, sagt Arnulf Buch, der Rektor der Grundschule. Denn in solch einem Fall könne weder der Sportunterricht durchgeführt noch der Ganztagsbetrieb der Schule fortgeführt werden.
Drei Stunden Sportunterricht pro Woche und Klasse seien „Pflichtkanon“ in der Grundschule – so stehe es in den „Kerncurricula“ (Lehrplänen), die die Unterrichtsinhalte vorschreiben, erklärt Buch. Im Klartext: „Ich muss Sport geben, genau wie ich Mathe und Englisch geben muss.“ Und daher habe er sich eben auch über die Aussage des Bürgermeisters gewundert, dass demnächst auch Turnhallen als Flüchtlingsunterkünfte herangezogen werden könnten.
Sollte dieses Szenario tatsächlich eintreten, müsste er als Schulleiter die Niedersächsische Landesschulbehörde darüber informieren, dass an der Obernkirchener Grundschule kein Sportunterricht mehr möglich sei, woraufhin die Angelegenheit dann „ihren verwaltungstechnischen und politischen Gang“ gehen würde.
Problematisch wäre der Wegfall der Turnhallen laut Buch übrigens auch für den Ganztagsbetrieb der Grundschule, denn hierfür werde die im Eigentum der Stadt stehende Grundschul-Turnhalle an allen Schultagen in der Zeit von 14 bis 15 Uhr intensiv genutzt. So etwa für Aktivitäten wie Handball, Tennis, Judo oder Geräteturnen, die in Kooperation mit örtlichen Vereinen angeboten werden und an denen knapp 100 der insgesamt 300 Grundschüler teilnehmen.
Würden die Turnhallen indes zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert, könne er den Ganztagsbetrieb „dichtmachen“, sagt Buch. Denn man könne ja keine Handball-AG oder etwa Geräteturnen im Forum der Grundschule durchführen.
Außerdem: „Wenn ich vertraglich gebundene Kooperationen mit den Vereinen habe, wie soll ich das denn lösen?“, fragt sich der Rektor ungläubig. Die Handball-AG, nur um ein Beispiel zu nennen, könne er schließlich nicht auf Basteln „umswitchen“.
Insofern stuft Buch die von Schäfer in dem Pressegespräch gemachte Äußerung so ein, dass diese „politisch zu bewerten ist und nicht organisatorisch-praktisch“. Soll heißen: Es könnte sich um einen Versuch handeln, in Obernkirchen zusätzlichen privaten Wohnraum für die Unterbringung von Flüchtlingen zu generieren, oder um einen allgemeinen Appell, „andere Organisationssysteme“ zu finden, die Flüchtlinge zu verteilen.
Dörte Korn, die Leiterin der IGS Obernkirchen, findet es „vollkommen in Ordnung“, wenn Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht werden. Sollte die von der IGS (rund 750 Schüler) für den Sportunterricht genutzte Kreissporthalle als Massenunterkunft zweckentfremdet werden, würde sie „in enger Anlehnung an den Lernplan schauen“, was dann möglich sei, sagt sie. Denkbar sei beispielsweise, den Sportunterricht in das Schulgebäude zu verlagern, draußen Sport zu treiben oder den Theorieanteil des Sportunterrichtes zu erhöhen. Gegebenenfalls könne man den Sportunterricht auch von der Kreissporthalle in die Grundschul-Sporthalle verlagern, sofern es dort „freie Kapazitäten“ geben sollte.