Ein großer Teil des gut 100 Köpfe zählenden Publikums betrachtete den Streifzug durch die Gitarrenliteratur der zurückliegenden fünf Jahrhunderte denn auch als Station und Standortbestimmung am Ende des schulisch geprägten Lebensabschnitts eines außergewöhnlichen Talents. Obwohl Landenberger nach dem Konzert - "ich werde wohl die nächsten 20 Jahre nicht mehr in Bückeburg auftreten" - das Gegenteil beteuerte, wird der Bad Eilsener sicherlich vor Ablauf von zwei Jahrzehnten erneut hierzulande zu hören sein. Wozu nicht zuletzt die Begeisterung des Auditoriums, die dem Saitenvirtuosen zwei - und ohne das Einschreiten von Wicklein womöglich drei oder vier - Zugaben abforderte, einen gehörigen Teil beitragen wird.
Dabei kam der Solist im einleitenden Renaissance-Abschnitt des Streifzugs beileibe nicht untadelig vom Start. Feingliedrige Kompositionen von Luys de Narváez und Luis Milan, die nicht einen einzigen falschen Ton vertragen, kamen ziemlich stolpernd daher. Nach Abstreifen der Anfangsnervosität stellte Landenberger indes, speziell bei Fernando Sors "Variationen über ein Thema aus Mozarts Zauberflöte" sowie vier winzig kurzen Einwürfen von Niccolò Paganini, seine Könnerschaft unter Beweis. Spätestens bei der von Heitor Villa-Lobos zu Notenpapier gebrachten "Etude Nr. 1" hatte er auch die letzten kritischen Geister von der Zugabennotwendigkeit überzeugt.
Nebenbei: Dass in ein Konzert, für das erwartungsgemäß zahlreiche junge Zuhörer Interesse zeigen, zeitgenössische Komponisten Aufnahme finden - hier zwei Flamencos aus der Feder von Hansjoachim Kaps, denen Duo-Partner Matthias Greenslade zusätzliches Feuer verlieh - ist aller Ehren wert. Aber, by the way: Auf "vom Blatt" gespielten Blues kann die ehemalige Residenzstadt in Zukunft gut und gerne verzichten. Großes Glück für Landenberger, dass Blind John Davis "Kokomo Blues" und "My Black Mama" nicht mitansehen musste.
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