Einer der von Mehmet Ruzgar betreuten Flüchtlinge ist Abdallah Z. (Name geändert), ein Mann aus dem Irak, der jetzt in Bückeburg lebt. Abdallah freut sich sehr über die Hilfe, die von der Awo bereitgestellt wird, denn: „Ohne den Betreuer wüsste ich oft nicht weiter.“
Einer der von Mehmet Ruzgar betreuten Flüchtlinge ist Abdallah Z. (Name geändert), ein Mann aus dem Irak, der jetzt in Bückeburg lebt. Abdallah freut sich sehr über die Hilfe, die von der Awo bereitgestellt wird, denn: „Ohne den Betreuer wüsste ich oft nicht weiter.“
Ein Problem sei beispielsweise, dass er bisher kaum Deutsch spreche. „Vieles von dem, was ich auf dem Amt oder woanders machen muss, verstehe ich gar nicht“, sagt er. Gut also, dass ihm der Betreuer bei dem Nötigsten helfen könne. „Ich weiß ja gar nicht, wie ich was ausfüllen muss und einen Dolmetscher gibt es ja nur ganz selten.“ So sei ein Verwandter in Berlin mehrere Tage von einem Amt zum anderen geschickt worden, weil man nicht gewusst habe, wer zuständig sei. Ein anderer habe tagelang in einer langen Schlange auf seine Registrierung warten müssen: „Und er durfte da trotz der Kälte nicht weggehen.“ Solche Probleme gebe es in Bückeburg nicht, im Gegenteil: „Hier geht alles sehr schnell und ohne Probleme, die Menschen sind sehr freundlich zu uns und helfen, wo sie können. Dafür möchte ich mich bei der Stadt und bei allen Helfern bedanken.“
Abdallah Z. hat eine gefahrvolle lange Flucht auf dem Landweg hinter sich. Drei Monate war er unterwegs, er wurde verprügelt, verhaftet und ausgeraubt. „Ich bin froh, dass ich lebendig hier angekommen bin“, sagt der Mittdreißiger. Das sei manchmal „gar nicht sicher“ gewesen. Abdallah erzählt: Er sei in einem Wald von einer Gruppe von Leuten angegriffen und beraubt worden. „Die haben mich verprügelt und dann einfach stark blutend zurückgelassen“, so Abdallah kopfschüttelnd. Das sei wohl die schlimmste Erfahrung gewesen. Fast genauso belastend, vor allem psychisch, war ein anderes Erlebnis: Abdallah Z. wurde auf dem Balkan mit vielen anderen Flüchtlingen inhaftiert und dann von der Polizei schikaniert. Ein Polizist habe ihn immer wieder gestoßen, ein anderer habe ihn mit Reizgas angegriffen. „Don’t come back“, hätten die Polizisten zu ihm gesagt. Und: „Go home.“ Abdallah Z. hat das als Drohung verstanden. „Ich hatte große Angst, dass sie uns etwas tun.“ Die Polizisten seien sehr wütend gewesen. Bis heute fragt sich Abdallah, was er diesen Leuten getan habe. „Ich bin wie sie, sie sind wie ich, warum hassen sie uns?!“ fragt er sich. Vor seiner Flucht habe er sich Europa und seine Menschen anders vorgestellt.
Jetzt, in Deutschland angekommen, lassen ihn die Bilder seiner Flucht nicht mehr los: Wie er eine Frau gesehen hat, die wahrscheinlich ertrunken ist. Wie er ausgeraubt wurde. Die wütenden Gesichter der Polizisten. All das hält ihn fest, wie in einem schlechten Traum. „Seit meiner Flucht schlafe ich kaum noch. Und wenn dann habe ich Albträume. Ich muss mich zusammenreißen, damit ich nicht ständig daran denke.“
Doch so leicht lässt sich Abdallah nicht unterkriegen. Jetzt gelte es, nach vorne zu schauen und sich eine Zukunft in Deutschland aufzubauen, sagt er. Im Grunde seien jetzt nur zwei Dinge wichtig: „Dass ich meine Familie nachholen kann und dass ich hier Fuß fasse.“ Er habe vor, möglichst schnell Deutsch zu lernen und dann eine Arbeit zu finden. In welchem Beruf? Das sei erst einmal egal, sagt er. „Ich mache alles, was nötig ist und womit ich etwas verdienen kann.“ In seinem erlernten Beruf als Lehrer werde er wohl kaum arbeiten können, so viel sei ihm klar. „Ich muss also nehmen, was mir angeboten wird, ich bin nicht wählerisch, ich will nur mein Auskommen haben.“
Im Irak sei das leider nicht mehr möglich gewesen, sagt Abdallah. Und erklärt, dass Sunniten wie die Mitglieder seiner Familie, die in einem eher schiitischen Viertel lebten, sehr gefährdet seien. „Ich bete jede Minute, dass es meiner Familie gut geht. Denn dort, wo sie wohnen, gibt es immer wieder Anschläge.“ Seine Kinder könnten deshalb nur noch ganz selten das Haus verlassen, der Besuch einer Schule sei nur unter schwierigsten Bedingungen möglich.
Der Terrorismus, die unsichere Lage: All das waren für Abdallah Z. Gründe, den Irak zu verlassen. „Dort haben wir keine Zukunft“, ist der frühere Lehrer überzeugt. „Die Lage wird nur immer schlimmer und schlimmer.“ Anfänglich sei er davon überzeugt gewesen, dass es nach Saddam nur besser werden könne, inzwischen sei er aber von der Realität eingeholt worden. „Im Irak kann man nicht leben, schon gar nicht, wenn man Sunnit ist.“ Weil die Staatsführung schiitisch sei, würden Sunniten systematisch benachteiligt. „Man hätte eine nationale Versöhnung machen müssen, stattdessen werden die Schiiten und die Sunniten gegeneinander ausgespielt“, ist Abdallah Z. überzeugt. Inzwischen sei diese Chance vertan. Da seien die Schiiten, die ihre Macht ausnutzten, und der IS, der immer weitere Teile des Landes kontrolliere. „Dazwischen werden wir einfachen Leute zerquetscht“, sagt Abdallah und drückt seine Handflächen gegeneinander. „Wir sind wie Sandkörner, die der Wind wegweht.“ Ob er Hoffnung hat, dass der IS besiegt wird? Abdallah schüttelt den Kopf. „Die haben ja sogar schon Großstädte eingenommen, außerdem haben sie viele Anhänger und die irakische Armee.“ Als das Gespräch endet, bleibt Abdallah sitzen. Eines wolle er noch loswerden, sagt er. „Sagen Sie den Menschen, dass wir Deutschland sehr dankbar dafür sind, dass es uns aufnimmt. Ansonsten würden wir im Irak sicher sterben.“mig