Auetal.
Nein, von Züchtern mag Sylke Schmidt nicht sprechen. Vermehrerfarmen sind das, schimpft die Rolfshägerin. Und meint damit jene Orte, an denen Hunde als Zucht- und Gebärmaschinen missbraucht werden. Das Elend dieser Tiere, so erklärt sie, "ist manchmal unvorstellbar. Die Vermehrer halten sie unter schlechtesten Bedingungen, häufig bekommen sie Hormonspritzen, so dass sie mehr als zweimal im Jahr gedeckt werden können." Der Deckungsakt, er gleiche oftmals einer Vergewaltigung: Die Hündinnen würden festgebunden und mit einer Schlinge um den Hals fixiert. Vereiterte Gebärmütter und übergroße Gesäuge seien oft die Folgen dieser Behandlung. Häufig werde der erbärmliche körperliche Zustand von tiefen Verletzungen in der Seele des Tieres begleitet.
Dieseäußerlichen und seelischen Verletzungen zu heilen, das will "RiN" - "Retriever in Not", ein Verein, der interaktiven Internet-Tierschutz betreibt und sich hehre Ziele gesetzt hat: Das Ende der Qualzuchten und der unmenschliche Umgang mit Tieren als Ware (siehe auch Fakten oben rechts auf dieser Seite).
Der Verein arbeitet deutschlandweit. Er hat kein stationäres Tierheim, sondern arbeitet mit ehrenamtlichen Pflegefamilien, in denen die Hunde betreut werden, bis sie dann in ihre Adoptivfamilien vermittelt werden können. So wie Diana Dahl, die am Wochenende aus Linz am Rhein ins Auetal gekommen ist, um dort "Henna" in Empfang zu nehmen: EineRetriever-Hündin, die aus der Pflegefamilie nun zu ihrem neuen Frauchen kommt.
Gegründet wurde der Verein 2002, als 18 Labrador-Hündinnen aus einer italienischen Massenzuchtanlage mit mehreren Pkw über verschiedene Fahrtketten in ganz Deutschland auf die Pflegefamilien verteilt wurden. Organisiert wurde alles über das Internet. 2003 wurde "Retriever in Not" dann als gemeinnütziger Verein anerkannt.
Zwei Pflegestellen gibt es im Auetal, beide sind in Rolfshagen. Marion Kock hat "Henna" bis zum Wochenende gepflegt, bei Sylke Schmidt sind gleich zwei Hunde in Pflege. Zu wenig, um allen Hunden ein neues Heim geben zu können. Rund 50 Tiere stehen deutschlandweit auf der Warteliste, doch ehe keine Pflegefamilie gefunden wurde, wird auch kein Hund angenommen. In den Pflegestellen werden die Hunde dann auf ihr zukünftiges Leben in einer Familie vorbereitet.
Dass aus den Vermehrungsfarmen zuweilen auch Hunde kommen, die verhaltensauffällig sind, will auch Inga Schäfer als Öffentlichkeitsreferentin von "Retriever in Not" nicht leugnen. Aber dafür gebe es ja die Pflegefamilien: Dort würden derartige Auffälligkeiten erkannt werden, daraufhin reagiere dann der Verein, etwa durch die Einschaltung eines Tiertrainers. Generell, so Schäfer, seien Retriever " sehr familienfreundliche Hunde".
Und wie kommen sie aus den Zuchtfarmen in die Hände der Tierfreunde? Durch einen Kontaktmann, erzählt Frau Schmidt. Wenn die Tiere alt oder krank seien, wenn sie nicht genug Welpen werfen würden oder wenn der kuschelige schokobraune Labrador auf einmal in der Beliebtheitsskala nach unten sinke und der Züchter deshalb seine Massenproduktion auf kakaofarbene Retriever umstelle, dann würden die Tiere über den Kontaktmann an "Retriever in Not" vermittelt werden. Und zuweilen gebe es auch den Idealfall: "Wenn eine dieser Vermehrerfarmen einfach dicht macht." Weitere Informationen gibt es unter www.retrievr-in-not.de oder bei Sylke Schmidt: (05753) 927474.
Fakten
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