„Die Beweisaufnahme entwickelt sich genau im Sinne der Verteidigung.“ Im Vorfeld des Prozesses hatte der Anwalt angekündigt, dass das Ziel der Verteidigung ein Freispruch sei. Zum Prozessauftakt erklärte er dann später: „Wir haben es mit ausgesprochen schwierigen Belastungszeugen zu tun, die nicht auf der Sonnenseite aufgewachsen sind, sondern im Schatten.“ Am Freitag hat die 1. Große Jugendkammer am Bückeburger Landgericht den dritten von vier Belastungszeugen vernommen, wiederum hinter verschlossenen Türen. Ob die Zeugen bei ihrer Darstellung geblieben sind, wonach sich der Erzieher damals an ihnen vergangen haben soll, ist unklar. Die Pressestelle des Landgerichts macht dazu keine Angaben.
Unterdessen haben zwei Chefs der „Hirschkuppe“ als Zeugen vor Gericht ein positives Bild des Erziehers gezeichnet. Beide können sich vorstellen, dass der 46-Jährige zu Unrecht belastet wird, ohne allerdings konkrete Hinweise darauf zu haben. Eine Sozialpädagogin, die zur Heimleitung gehört, hat ihn „als guten Kollegen kennengelernt, offen, freundlich und beliebt – ein Allrounder, der mit jedem arbeiten konnte“. Für die Jungen habe sich der Erzieher sehr eingesetzt. „Wenn es damals Missbrauchsvorwürfe gegeben hätte, hätte ich ihm nicht meinen sechsjährigen Sohn anvertraut“, betonte sie.
Fachlich sieht die Frau das Verhalten ihres ehemaligen Kollegen allerdings zum Teil kritisch. „Er hat es nicht immer geschafft, professionelle Distanz zu wahren“, sagte sie. Dies sieht der Inhaber und Leiter der „Hirschkuppe“ ähnlich. Ansonsten äußerte auch er sich positiv über den Erzieher. Dieser habe auch bei schwierigen Fällen sehr viel investiert. Psychisch hat das Verfahren den Angeklagten, der heute im Kreis Lippe lebt, sehr mitgenommen. Er musste bereits stationär behandelt werden. Laut Anklage datieren die mutmaßlichen Übergriffe aus den Jahren 1999 bis 2009. Die Jungen waren damals zwölf bis 14 Jahre alt.
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