Weserbergland. Müllwagen könnte es in Zukunft verboten sein, rückwärts zu fahren – aus Sicherheitsgründen. Der Vorschlag, dass die tonnenschweren Fahrzeuge Straßen, in denen sie nicht wenden können, bald nicht mehr anfahren dürfen, klingt im ersten Moment vielleicht absurd – ist aber vollkommen ernst gemeint.
Ein entsprechender Entwurf der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung soll im Rahmen einer Fachkonferenz Anfang des Jahres besprochen werden. Die sogenannte „Branchenregel Abfallsammlung“ sieht vor, „dass Abfallsammeltouren durchgehend so geplant werden müssen, dass keine Rückwärtsfahrten erforderlich sind“, erklärt Sandra Lummitsch, Pressesprecherin des Landkreises Hameln-Pyrmont. Denn auch die dem Landkreis angegliederte Kreisabfallwirtschaft (KAW) wäre von dieser neuen Regelung betroffen.
„Grundsätzlich müssen zunächst die Ergebnisse dieser Fachkonferenz, die dann bundesweit bindend sind, abgewartet werden“, sagt Lummitsch. Bei der Konferenz können Vertreter der kommunalen und privaten Abfallbranche Stellung zum Entwurf nehmen.
Dabei wird wohl auch zur Sprache kommen, wie realitätsnah solch ein Rückwärtsfahr-Verbot tatsächlich ist. Denn Stichstraßen oder auch abgelegene Grundstücke machen es immer wieder nötig, dass die sperrigen Müllwagen doch auch mal zurücksetzen müssen.
Noch ist es den Müllwagen im Landkreis Hameln-Pyrmont gestattet, sich auf Straßen vorwärts und rückwärts zu bewegen. Wenn auch unter Auflagen: „Aktuell dürfen die Müllsammelfahrzeuge der KAW rückwärtsfahren, wenn eine geeignete Person den Fahrer einweist oder andere technische Möglichkeiten, wie Rückfahrkameras genutzt werden. Dabei darf ohne Unterbrechung nur eine Strecke von maximal 150 Metern rückwärts gefahren werden“, erklärt Lummitsch. Diese Ausnahmen sind in verschiedenen Unfallverhütungsvorschriften zu finden.
Ausnahmen wären zwar unter der neuen „Branchenregel Abfallsammlung“ möglich. Aber nur, „wenn alle Möglichkeiten der Tourenplanung ausgeschöpft sind – dazu wäre eine schriftliche Dokumentation erforderlich“, so Lummitsch. Dann müsste für die jeweiligen Straßen untersucht werden, ob das Rückwärtsfahren nicht vielleicht doch erlaubt werden könnte.
„Sollte es tatsächlich zu einer radikalen Einschränkung des Rückwärtsfahrens kommen, müsste auch die KAW, die von den derzeit geltenden Ausnahmeregelungen beim Rückwärtsfahren Gebrauch macht, einzelfallbezogene Regelungen für Stichstraßen oder abgelegene Grundstücke treffen“, erklärt Lummitsch. Wie diese aussehen könnten, kann die Pressesprecherin aktuell noch nicht sagen. Es könnte jedoch passieren, dass Anwohner sämtlicher Sackgassen der Region ihre Mülltonnen und Müllsäcke und auch ihren Sperrmüll nicht mehr vor ihr Haus stellen dürfen, sondern bis zur nächsten Kreuzung zerren müssten. Lummitsch betont jedoch, dass „im derzeitigen Entwurf der Branchenregel der gesetzlichen Unfallversicherung auch künftig in absoluten Ausnahmefällen gefahrlose Rückwärtsfahrten möglich“ seien.
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