Andrej Frank wurde am 18. Juni brutal ermordet. Heute, fast auf den Tag acht Monate später, spricht das Landgericht Detmold im Mordprozess gegen Elchin A. das Urteil. Nach der grausamen Tat erinnern sich Familie, Freunde und Bekannte immer noch an das Opfer als liebevollen Ehemann und engagierten Vater von zwei Söhnen, behalten ihn als begeisterten Schrauber und herzensguten Mensch in Erinnerung. Die SZ/LZ-Redaktion sprach wenige Wochen nach der unbegreiflichen Tat mit seiner Familie und Freunden. Sie erzählten die Geschichte eines Mannes, der viel mehr war als nur eine Schlagzeile wegen seines brutalen Todes.
Andrej F. wurde am Samstag ermordet. Doch in Erinnerung soll er bleiben als Andrej Frank (39). Als liebevoller Ehemann und engagierter Vater von zwei Söhnen. Als begeisterter Schrauber und ein herzensguter Mensch. Als Mann, der zwar viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde, aber mit seinem Lachen jeden anstecken konnte. Als jemand, der immer an das Gute in anderen Menschen glaubte.
Andrej Frank kam mit 12 Jahren im Dezember 1995 als Spätaussiedler mit seinen Eltern aus Kasachstan nach Rinteln. „Er fühlte sich hier willkommen“, berichtet seine Ehefrau Nadine Frank. Andrej war ein Macher, ein Bastler, ein begeisterter Mechaniker. Der irgendwann sein Hobby zum Beruf machte. „Er war immer dabei, selber anzupacken, handwerklich war er sehr begabt“, bestätigt sein Trauzeuge Klaus Schell. „Wenn er etwas angekündigt hat, war es nicht nur Gelaber, sondern er hat es immer umgesetzt“, sagt auch sein ältester Sohn Maxim (17). Und: „Er war der totale Familienmensch.“ Seine beiden Söhne Maxim und Viktor standen bei ihm an erster Stelle.
Andrej Frank machte sich als Bestatter selbstständig
Nach der Schule machte Andrej eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei Faurecia in Stadthagen. Direkt danach wechselte er im Jahr 2005 die Branche und machte sich mit einem Freund in Rinteln als Bestatter selbstständig. Später stieg auch seine Frau Nadine in das Unternehmen ein und übernahm es schlussendlich komplett. Denn Andrej wollte seiner Leidenschaft für Autos auch beruflich nachgehen.
Schon mit 19 Jahren lernte Andrej Frank seine Nadine kennen, zwei Jahre später wurde geheiratet. Nächsten Monat wären die beiden 20 Jahre zusammen. „Seine wunderschönen blauen Augen“, das war das Erste, was Nadine Frank an ihrem Ehemann auffiel. „Wir waren Seelenverwandte. Wenn ich in seine Augen geschaut habe, dann war die Welt in Ordnung.“ 2006 gründete Andrej seine erste eigene Werkstatt. „Maxim Reifen“, benannt nach seinem ältesten Sohn. „Ich kann Reifen wechseln, seit ich sieben Jahre alt bin“, berichtet der. Nicht, weil sein Vater ihn dazu gedrängt habe. Sondern weil seine Begeisterung auf ihn übergegriffen hatte.
Andrej Franks Begeisterung war ansteckend
Andere Menschen mit seiner Leidenschaft anzustecken: Auch das war eine Stärke von Andrej. Als Autodidakt hatte er sich das Gitarrespielen beigebracht. Und nahm sich gerne Zeit, Freunden und Bekannten sein Wissen und seine Begeisterung an der Gitarre weiterzugeben.
Doch nicht nur bei der Musik war Andrej jemand, der durch Zuschauen und Ausprobieren dazulernte. Auch beim Herumschrauben an Autos und bei handwerklichen Tätigkeiten im Haus wollte er immer wissen, wie es funktioniert. Hat selbst angepackt, seinen eigenen Erfahrungsschatz stetig ausgeweitet. Das kam ihm dann auch beruflich bei seiner Werkstatt entgegen, wo er das Leistungsspektrum über die Jahre stetig ausweitete. Auch räumlich wuchs das Unternehmen über die Jahre kräftig.
Nachdem sich die Werkstatt anfangs zusammen mit dem Bestattungsunternehmen in Rinteln befand, zog die Familie später gemeinsam mit den beiden Unternehmen auf ein Grundstück in Möllenbeck um. Beim Aus- und Umbau des Hauses packten Andrej Frank und seine Freunde kräftig mit an. Fast jeder Handgriff erfolgte in Eigenleistung. Irgendwann reichte der Platz nicht aus, und er zog mit der Werkstatt weiter nach Stemmen (Kalletal).
Am wichtigsten waren Andrej Frank seine beiden Söhne
Doch über allem standen für Andrej Frank immer seine beiden Söhne Maxim und Viktor. „Er war so wahnsinnig stolz auf sie“, betont seine Ehefrau. „Er hat uns immer angespornt, an uns zu arbeiten“, berichtet Maxim. „Er wollte auch nicht zu viel loben, weil er meinte, dass sie sich dann vielleicht auf dem Erreichten ausruhen“, ergänzt seine Mutter. „Ja, aber in ruhigen Momenten hat er uns auch sehr gelobt“, betont Maxim.
Nicht nur in seinen Söhnen, sondern auch in anderen Menschen sah Andrej zunächst immer das Gute. „Wir haben uns oft gestritten, weil er immer an das Gute in anderen Menschen geglaubt hat. Und oft damit auf die Nase gefallen ist“, erinnert sich Frank. „Aber so war er. Und wenn er nicht mehr an andere Menschen geglaubt hätte, dann wäre die Welt nicht in Ordnung gewesen.“
Seit dem 18. Juni ist die Welt von Familie Frank nicht mehr in Ordnung. Andrej wurde mutmaßlich von einem Mann ermordet, dem er davor monatelang geholfen hat. Den er aus der Ukraine geholt, und bei sich zu Hause aufgenommen hatte. Andrej hinterlässt seine Frau, seine Eltern und seine beiden Kinder.