Ganz besonders gern erzählt die Gästeführerin die Sage über die Entstehung der besonderen Buchenart: „Die erste Süntelbuche soll aus dem Herzen eines toten Riesen gewachsen sein, als dieser im Tode in der Erde versank.“ Renate Schulte aus Bensen beschreibt die Motivation für ihre Führungen durch den Süntel und zu den sagenumwobenen Bäumen so: „Wo findet man auf einer so kurzen Strecke so viele Süntelbuchen? Allein auf dem Weg durch den Wendgeberg wachsen zwanzig Exemplare. So etwas Schönes kann ich doch nicht für mich behalten, das möchte ich anderen Menschen zeigen.“ Diese Süntelbuchen wurden ebenso wie 30 weitere auf dem Dachtelfeld vor 30 Jahren unter der Leitung des früheren Chefs des staatlichen Forstamtes, Jürgen Bosse, gepflanzt.
Auch Uwe Sprick, Revierförster in Langenfeld, zieht es aufs Dachtelfeld, wenn es um die Bäume mit dem typischen Drehwuchs geht. Gegenüber der Schutz- und Wanderhütte im Grenzbereich zwischen Hessisch Oldendorf und Bad Münder ist noch eine rund 150 Jahre alte Süntelbuche zu bestaunen. Von drei anderen der Raritäten sind nur noch Fragmente zu sehen. Aus holzwirtschaftlicher Sicht sind Süntelbuchen mit ihrem krüppeligen Wuchs wertlos. Und dies bedeutete 1843 beinahe das Ende des „Deuwelholts“, ließ es sich doch wegen seines Zickzack-Wuchses nicht einmal in Meterstücke als Brennholz stapeln. In Hülsede wurde damals der letzte geschlossene Bestand an Süntelbuchen abgeholzt und abgebrannt.
Als sich die Erkenntnis durchsetzt, dass die Süntelbuchen zwar kein Wirtschaftsholz, aber botanische Raritäten sind, beginnen die Bemühungen um die Arterhaltung. Bei der Nachzucht aus Bucheckern liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Jungpflanze eine Süntelbuche ist, unter fünfzig Prozent. Die Vermehrung selbst ist weniger mühsam – die Mutter ist eine Rotbuche mit ungefähr achtzig Zentimeter Unterbau, der Vater ist der aufgestäbte Zweig einer Süntelbuche. Das Erbgut des Vaters entscheidet über die Wuchsrichtung der Buche.
Im Bereich der Langenfelder Revierförsterei pflanzt man keine Süntelbuchen mehr in die Rotbuchenbestände. „Da Buchen Fremdbestäuber sind, besteht die Gefahr, dass Süntelbuchen im Bestand mit Wirtschaftsholz aufgehen. Wir haben 2008 auf dem Dachtelfeld begonnen, eine Fläche von einem Hektar mit Süntelbuchen aufzuforsten“, erklärt Uwe Sprick. Von den bisher gesetzten 250 zwei- bis dreijährigen Jungpflanzen, die aus Pfropfreisern verschiedener Süntelbuchen angezogen wurden, sind etliche nicht angegangen. „Rehe und Waldmäuse fressen die Rinde ab, die Bäume gehen ein“, bedauert der Förster. „Wir werden aber nachpflanzen und weiter aufforsten, unser Ziel ist, dort einen geschlossenen Süntelbuchenbestand zu erreichen“, versichert er.
Während es dem Revierförster nicht um die Solitärpflanze geht, hat sich Udo Mierau aus Eimbeckhausen nicht nur durch private Neuanpflanzungen um die Erhaltung der Süntelbuche verdient gemacht. Der Heimatforscher hat auch bereits mehrere Exemplare der knorrigen Bäume gespendet, einer davon wächst am Huthaus der Schillat-Höhle in Langenfeld.
Hier und dort findet man einzelne der Krüppelbuchen oder Schirmbuchen. Es sind aber fast immer Einzelexemplare, nur selten stehen mehrere der seltenen Bäume nebeneinander. Wer in einer Baumschule eine Süntelbuche für den eigenen Garten erwerben möchte, sollte bedenken, dass diese Rarität nicht nur ausreichend Platz benötigt, sondern dass auch viel Geduld nötig ist, da der Baum sehr langsam wächst.
Vielleicht könnte es aber auch in der einen oder anderen Familie wie bei den von Münchhausens zur Tradition werden, jeder Tochter zur Hochzeit eine Süntelbuche zu pflanzen.