Was nicht ins Zentrallager nach Mönchengladbach geht, um dort zwischengelagert zu werden, wird dorthin geschafft, wo es gerade gebraucht wird. „Ausrüstungsgegenstände aus Hameln sind bislang an 27 Orte gebracht worden“, berichtet Captain Johno Johnson (45). Einiges sei sogar nach Zypern und nach Kanada verschifft worden. Bis Dezember wollen die Soldaten mit der Operation „Drawdown“ (Auflösung) fertig sein.
Gestern war für die Soldaten zwar kein schöner, aber zumindest ein historischer Tag: Die Hälfte der noch in Hameln verbliebenen Panzerschwimmbrücken vom Typ M 3 wurde auf 27 Meter lange Schwerlast-Tieflader einer deutschen Spedition gefahren und nach Mönchengladbach transportiert. Dort sollen sie überholt werden. Wo sie später einmal eingesetzt werden, weiß derzeit wohl niemand. Die Amphibienfahrzeuge sind die Herzstücke der Wasserpioniere. Einige hat man während des Irak-Krieges extra von der Weser an den Tigris verlegt.
Es gab einmal eine Zeit, da standen sämtliche Schwimmbrücken der britischen Armee auf dem Gelände des Gundolf-Parks am Reimerdeskamp. 38 waren es. Im Laufe der Zeit sind viele in Mönchengladbach abgestellt und nicht mehr nach Hameln zurückgefahren worden. Zwölf je 27 Tonnen schwere und je 1,2 Millionen Pfund Sterling teure Panzerschwimmbrücken waren zuletzt noch in der Nordstadt stationiert.
Nun also geht eine Ära zu Ende, denn auch die übrigen sechs Spezialfahrzeuge werden schon bald die Stadt verlassen: Der 23. amphibische Pionierzug, der aus 57 Soldaten und fünf Zivilbeschäftigten besteht, soll für drei Jahre in der Herzog-von-Braunschweig-Kaserne des Pionierbataillons 130 der Bundeswehr in Minden untergebracht werden. Eine Zwischenlösung, denn die „technische Infrastruktur“ am künftigen Standort Halton bei Lancaster im Nordwesten Englands wird voraussichtlich erst 2017 fertiggestellt sein.
Mit versteinerter Miene schauen die Pioniere ihren Amphibienfahrzeugen hinterher. Sie wissen: Sind die Schwimmbrücken erst einmal weg, ist der Standort Hameln quasi Geschichte. „Wir sind in diesen Tagen viel beschäftigt und sehr traurig“, sagt Sergeant Alistair Laidlaw (35). Staff Sergeant Gary Kearney (34) stimmt ihm zu. Die beiden Männer sind mit deutschen Frauen verheiratet und inzwischen fest in Deutschland verwurzelt. Solange sie hier dienen können, werden sie es tun. Danach, das steht für sie fest, ist Schluss. „Nach Großbritannien fahre ich höchstens in den Urlaub“, sagt Laidlaw und lacht.
Wenn die Briten Hameln verlassen haben, werden sie etwa 10 000 Tonnen Material im Wert von zirka 20 Millionen Pfund Sterling bewegt haben. Captain Johnson mahnt zur Eile: „Es gibt noch viel zu tun. Wir wollen unseren Auftrag just in time erfüllen.“
Was nach Abzug der derzeit noch etwa 550 Mitglieder des Regiments aus dem Gundolf-Park, der Linsingen-Kaserne an der Süntelstraße und den vielen anderen Liegenschaften wird, ist gestern Abend während eines gut besuchten Bürgerdialogs im Albert-Einstein-Gymnasium diskutiert worden. Ein ausführlicher Bericht folgt.
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