WALLENSEN. Treffpunkt der Bürger ist in vielen Dörfern ein Dorfgemeinschaftshaus. Nicht so in Wallensen. Dort steht im Mühlenwall 18 das „Haus an der Stadtmauer“ im Mittelpunkt.
Es bietet nicht nur Platz für diverse Veranstaltungen, auch kultureller Art, sondern beherbergt auch eine kleine Ortsbücherei und ein kleines Museum mit Exponaten und Informationen zur Geschichte Wallensens, zum einstigen Baunkohlentagebau und zur Brikettproduktion sowie zur Renaturierung der alten Bergbaugebiete im Weenzer Bruch, um nur einiges zu nennen. Karl-Heinz Grießner, der Vorsitzende des betreibenden Vereins „DorfKulTour“, hat mich zu einer Führung durch das schmucke Gebäude eingeladen.
Annette Tegtmeyer, Heinrich Meier und Friedhelm Roloff begleiten uns. Sie alle sind Vereinsmitglieder und kennen sich im Haus an der Stadtmauer bestens aus. Warum aber wird das Gebäude „Haus an der Stadtmauer“ genannt? Wallensen ist doch ein Dorf, und von einer Mauer keine Spur. „Dann kommen Sie mal mit in den Garten“, werde ich aufgefordert. Und tatsächlich, im hinteren Bereich des Hauses ist eine mit Efeu bewachsene Mauer zu erkennen, nach der das Gebäude seinen Namen hat. Warum aber wird sie Stadtmauer genannt? „Weil der Siedlung Wallensen 1351 durch Siegfried von Homburg die Stadtrechte verliehen worden waren“, erklärt Karl-Heinz Gießner. Ende des 15. Jahrhunderts sei von den anerkannten Rechten jedoch nicht mehr die Rede gewesen, denn Wallensen wurde nun als „Flecken“ bezeichnet.
Ich erfahre, dass Wallensen eine durch die Landschaft geprägte Gemeinde war, und auch das Handwerk stark vertreten war. „Auch Bier wurde in Wallensen gebraut“, weiß Heinrich Meier zu berichten. Informationen dazu und einige Exponate sind im Haus am Mühlenwall ausgestellt. Ebenso Wissenswertes zum einstigen Braunkohlenabbau, der Brikettherstellung und der Gewerkschaft Humboldt. In einem Flyer zur Geschichte Wallensens heißt es: „Die Wallenser Briketts waren wegen ihrer guten Brennbareigenschaft als Hausbrand sehr beliebt. Mit dem Stempel „Humboldt“ - später auch mit der Prägung „Sonne“ fanden sie ihren Weg in die weite Welt. Zeitweilig beschäftigte die Gewerkschaft Humboldt in der Grube und in der Fabrik rund 300 Menschen“. Das Aus für die Wallenser Braunkohle erfolgte 1966. Nach einer aufwendigen Renaturierung der ehemaligen Abbaufelder im Weenzer Bruch entstanden attraktive Erholungslandschaften und Naturschutzgebiete. An die Brikettherstellung erinnern einige Stücke des „schwarzen Goldes“ in dem kleinen Museum.
Im Obergeschoss des Gebäudes gibt es neben der Geschichte zur Kohle unter anderem auch Einblicke in die Ortsgeschichte der ehemaligen Stadt Wallensen, in die Braurechte und die Märkte, über jüdisches Lebens sowie über die ehemalige Molkerei und über die Produktion von „Rools“, den Vorläufern der heutigen „Inliner“.
Nun noch ein paar Zeilen zum Haus an der Stadtmauer. Das Baujahr des Gebäudes ist unbekannt. „Seine Geschichte lässt sich anhand der Akten in das Jahr 1855 zurückverfolgen“, so Karl-Heinz Grießner. Die Überreste der Stadtmauer seien 2008 als Einzelbaudenkmal in das Verzeichnis der Kulturdenkmale aufgenommen worden. Bevor wir die Führung beenden, muss ich noch einen Blick in den historischen Gewölbekeller werfen, einst ein Verlies, das im Rahmen der Umbaumaßnahmen zu einem gemütlichen kleinen Raum für Zusammenkünfte aller Art umgestaltet wurde.
Das Haus Mühlenwall 18 war 2007 von dem 2003 gegründeten Verein „DorfKulTour“, der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert, erworben worden. Mit Fördermitteln der EU, des Fleckens Salzhemmendorf und des Landkreises Hameln-Pyrmont wurde es grundlegend saniert und zum „Haus an der Stadtmauer“. Tanja Flügel, die heimische Künstlerin, hat mit ihren Mosaik-Arbeiten an einigen Stellen bunte Akzente gesetzt.
Übrigens: Der Bergmanns-Braut, die im Eingangsbereich des Hauses die Gäste begrüßt, ist der Gatte abhandengekommen. „Wer stellt uns eine gut erhaltene Schaufenster-Puppe zur Verfügung?“ fragt Grießner. Eine Bergmannsuniform sei vorhanden.
sto