DETMOLD/BIELEFELD. Mit Tabakwaren lässt sich gutes Geld verdienen. Und erst recht, wenn man sich die Tabaksteuer spart. Das macht den Handel mit Zigaretten schnell zum illegalen, aber höchst lukrativen Geschäft. Drei Männer stehen seit Montag in Bielefeld vor Gericht, weil sie unversteuerte Zigaretten im großen Stil „vertickt“ haben sollen, vor allem aus einem Zwischenlager in Detmold. Es geht um einen Steuerschaden von 3,7 Millionen Euro.
Neben den 55 und 49 Jahre alten Männern aus Hüllhorst muss auch ein 38-Jähriger aus Clausthal-Zellerfeld auf der Anklagebank Platz nehmen – er soll der Dritte im Bunde gewesen sein. Darüber hinaus kennt die Staatsanwaltschaft Bielefeld die Identitäten mehrerer weiterer mutmaßlicher Mitglieder der Bande, aber wohl nicht von allen. Das Trio soll zwischen August 2020 und November 2021 schwunghaft mit Zigaretten gehandelt haben, die auf dem deutschen Markt offiziell nichts verloren hatten: Sie waren nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft nicht versteuert, zum großen Teil sogar in gefälschten Verpackungen aus Polen und den Niederlanden geliefert worden – wo „Marlboro“ oder „Regina“ auf der Schachtel stand, waren illegal gefertigte Plagiate drin, die wohl mit dem Original höchstens gemeinsam hatten, dass sie nach dem Anzünden qualmten.
Dreh- und Angelpunkt der krummen Touren mit insgesamt satten 23,5 Millionen einzelner Glimmstängel sind zwei Lagerhallen in Detmold und Bünde. Dort sollen die Angeklagten die Zigarettenlieferungen angenommen und zwischengelagert haben – teils „nur“ wenige Hundert Stangen, teils aber auch fast bis zu 23 000. Von den Hallen aus gingen die illegalen Rauchwaren weiter zu den Zwischenabnehmern, die vorwiegend in Norddeutschland und im Ruhrgebiet gesessen haben sollen.
Die drei Angeklagten hätten, so heißt es in der Anklageschrift – deren Verlesen gut eine Stunde dauerte –, arbeitsteilig gehandelt. Der 55-jährige Hüllhorster soll die Lieferungen eingefädelt haben, der 49-Jährige wiederum soll vor allem für die Logistik der Bande zuständig gewesen sein. Er habe vor Ort die Lieferungen entgegengenommen und die Lagerung abgewickelt – kurioserweise führt die Staatsanwaltschaft bei einigen der ihm zur Last gelegten Einzeltaten sogar die Marke des Gabelstaplers auf, mit dem er die Paletten in der Detmolder Lagerhalle bewegt haben soll. Aufgabe des 38-Jährigen aus Clausthal-Zellerfeld sei es gewesen, bei etwa 20 Taten die Kontakte zu den Abnehmern herzustellen.
Die beiden Hüllhorster sollen ab dem Sommer 2021 zudem ihr Geschäftsfeld auf Drogen aus Holland ausgeweitet haben. Insgesamt 79 Kilogramm Kokain von höchstem Reinheitsgehalt sollen sie beschafft und über Gronau nach Detmold transportiert haben. Die Fahrzeuge seien speziell präpariert worden, um das Kokain und andere Betäubungsmittel bestens verborgen zu befördern, zudem seien die Transporte mittels spezieller Kommunikationstechnik und Pilotfahrzeugen abgesichert worden. Bei einem Zugriff im November vergangenen Jahres stellten die Ermittler in der Detmolder Halle noch 27 Kilogramm Kokain sicher.
Zum Prozessauftakt vor der 9. großen Strafkammer ließen die drei Angeklagten ihre Verteidiger erklären, sie wollten zunächst schweigen. Bisher sind insgesamt 26 Folgetermine bis Ende Oktober angesetzt.
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