Carlhermann Schmitt Reporter LÜGDE. In Lügde besteht zu Ostern eine alte, nach der Volkssage aus der Heidenzeit stammende Sitte. Danach bilden Bürger, die dem Handwerker- und Arbeiterstande angehören, eine Gruppe, deren Spitze Oberdeche genannt wird. Dieser Oberdeche amtiert dann gewöhnlich auf Lebenszeit und ist der Bestimmende und Verantwortliche. So berichtet es jedenfalls Conrad Weiffen im Jahr 1904.
Er beschreibt auch, wie die Räder mit Reisig und Stroh verflochten werden und nach Einbruch der Dunkelheit am Ostersonntag brennend die Berge hinunterlaufen. Zuerst sind aber die Kinder dran, ihre selbstgebastelten kleineren Feuerräder hinunterlaufen zu lassen.
„Solche und viele andere Geschichten habe ich in meinem Buch auf fast 400 Seiten zusammengetragen“, freut sich der Lügder Chronist Dieter Stumpe, während er das erste der 100 druckfrischen Bücher in der Hand hält. Die Arbeit vieler Jahre, ja Jahrzehnte, ist in dieses Buch eingeflossen.
„Ich habe mich ja schon seit meiner Kindheit für die Geschichte meiner Heimatstadt Lügde und ganz besonders auch für die der Dechen sowie des Osterräderlaufs und seiner Tradition interessiert“, erklärt Stumpe. Das 100-jährige Jubiläum, das der Dechenverein im nächsten Jahr begeht, bot dann den letzten Anreiz, das Ergebnis seines Quellenstudiums und seiner Nachforschungen in einem Buch zusammenzufassen.
In das Buch flossen viele Originale und Urkunden aus dem Staatsarchiv in Detmold ein, in das das Lügder Stadtarchiv 2012 eingebracht wurde. „Aber nicht alle. Manches ist zur Zeit nicht einsehbar, weil es erst restauriert werden muss und daher einen Sperrvermerk bis 2024 trägt, sodass nicht einmal Ralf Otte vom Lehrstuhl für Materielles und Immaterielles Kulturerbe an der Uni Paderborn darauf zugreifen konnte.“
Dennoch ist eine runde Sache daraus geworden, das trotz seines etwas sperrigen Titels „Chronologische Aufarbeitung zur Geschichte Osterräderlauf in Lügde und des Osterdechenvereins Lügde e. V. 1743–2020“ kurzweiliges Lesevergnügen bereitet.
So heißt es in dem Schreiben des Lügder Bürgermeisters von 1923: „An den Vorstand des Osterdechen-Vereins hier. In der Anlage wird ein Exemplar der eingereichten Satzungen mit Genehmigungsstatutes versehen zurückgesandt. Gegen das Anflehen des Vereins ist nichts einzuwenden.“ Damit gilt also der Verein als gegründet.
Aber schon im gleichen Jahr beklagten die Gartenbesitzer: „Diese Räder rollen über unsere Grundstücke und richten vielfach Schaden an.“ Sie prophezeien, dass durch die Gründung die Veranstaltung einen immer noch größeren Umfang durch Heranziehung von Fremden aus der näheren und weiteren Entfernung annehme, es seien schon in den letzten Jahren verschiedene Wandervereine erschienen.
In dem Buch finden sich auch viele Bilder – von stopfenden Dechen, Handschrifen, brennenden Rädern oder einem ganzseitigen Bericht unserer Zeitung von 1926, der vom „uralten Auferstehungsfest in Lügde“ berichtet. Bis 2020 hat Stumpe allerlei Berichtens- und Lesenswertes zusammengetragen und auch so manche selbst erlebte Anekdote beigefügt.
Das Buch ist ab sofort bei Tabak Kleine und im Touristik-Büro im Rathaus für 28,50 Euro zu erwerben. „Sollte ein Überschuss herauskommen, wird er für einen sozialen Zweck gespendet“, erklärt der Autor.
Bilder zum Osterräderlauf gibt es in der Bildergalerie auf dewezet.de.
Copyright © Deister- und Weserzeitung 2023
Texte und Fotos von dewezet.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.