In der Nacht hat Jennifer schlecht geträumt. Sie macht sich Sorgen um Fienchen und Miezi. „Das sind meine Katzen. Ich hoffe sehr, dass sie flüchten konnten und das Feuer überlebt haben. Sie fehlen mir so sehr. Die habe ich ganz doll lieb.“
Die Köneckes haben alles verloren, was sie besaßen. Sie müssen wieder ganz von vorne anfangen. Immerhin haben sie ein Dach über dem Kopf. Ortsbürgermeister Walter Bödecker hat für die vierköpfige Familie, die über Nacht obdachlos geworden ist, eine Erdgeschosswohnung in einem Fachwerkhaus im Dorf gefunden. Sie ist zwar vollgestellt mit Möbeln, und auch die Schränke sind voll. Aber die Köneckes freuen sich, dass sie so rasch ein Notquartier gefunden haben. „Was braucht man schon zum Leben?“, fragt Sven Könecke – und beantwortet die Frage gleich selber: „Essen und einen Platz zum Schlafen.“
Die Familie ist von einer Welle der Hilfsbereitschaft förmlich überrollt worden. „Mit den Möbeln, die uns herzensgute Menschen angeboten haben, könnten wir bestimmt 20 Wohnungen einrichten“, sagt Sven Könecke. Das Problem ist nur: „Unser Übergangsquartier ist möbliert, wir haben im Moment keinen Platz.“ Ein Mann habe bei Facebook einen Lagerraum angeboten, berichtet Heike Bartens, eine Freundin der Familie. „Da könntet ihr doch etwas für später unterstellen.“ Auch Mutter Nicole Könecke ist überwältigt von der Hilfsbereitschaft. „Dass uns so viele fremde Leute helfen wollen, ist einfach nur toll. Das ist der helle Wahnsinn, das haut einen regelrecht um. Wir sind sehr dankbar dafür.“
Grundschulleiterin Birgit Albrecht hat für Jennifer einen Ranzen und jede Menge Schulutensilien organisiert. Die Firma Renner hat sie gespendet. Nach einer Knie-Operation ist der Familienvater, der im E-Center am Reimerdeskamp arbeitet, noch krankgeschrieben. „Ich habe danach Urlaub. Wenn ich möchte, bekomme ich noch länger frei. Aber mein Arbeitgeber hat großes Verständnis für unsere Situation signalisiert“, sagt Sven Könecke. Der stellvertretende Marktleiter Matthias Jung habe Lebensmittel und Getränke vorbeigebracht. „Die Kollegen haben Geld gesammelt, der Markt hat die Summe aufgestockt. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Alle sind so mitfühlend und freundlich zu uns. Das ist einfach nur schön und hilft uns in dieser schweren Zeit.“
In der von dem Hamelner Sascha Hartmann gegründeten Facebook-Gruppe „Hameln hilft nach dem Großfeuer in Hilligsfeld“ wurden jede Menge Bekleidung und Möbel angeboten, im Gasthaus Schrader stapeln sich bereits die Hilfsgüter. Bei Spendenkoordinatorin Silke Schaper stand das Telefon nicht mehr still. Sachspenden würden im Moment nicht mehr benötigt, hat Sascha Hartmann gepostet. „Nur ein höhenverstellbarer Laufstall und eine Baby-Badewanne fehlt uns noch“, sagt Nicole Könecke. Mit dem Geld, das die Familie von Pastor Jürgen Harms und von der Hamelner Hilfsorganisation Interhelp bekommen hat, wollen sich die Köneckes neue Unterwäsche und Dinge des täglichen Bedarfs kaufen. Weitere Geldspenden werden benötigt – sie können auf das Konto 20313 bei der Sparkasse Weserbergland (BLZ 254 501 10, Stichwort: Feuer) eingezahlt werden.
Im Schutt hat Sven Könecke eine Kiste mit Fotos gefunden. Alle sind nass, manche angebrannt. Der Hilligsfelder hütet sie wie seinen Augapfel, will sie sorgfältig trocknen. In dem Berg aus Balken, Lehm und Backsteinen, hofft der 42-Jährige noch Computer zu finden. „Auf den Festplatten sind Fotos von den Kindern gespeichert. Aber auch Urlaubsbilder sind drauf. Die würde ich gern retten.“ Auch ein paar Erbstücke dürften noch in der Ruine liegen. „Für uns haben diese Dinge einen großen emotionalen Wert.“ Verbrannt sind vermutlich Stammbuch, Geburtsurkunden und Zeugnisse. „Nur gut, dass wir wenigstens unsere Pässe haben“, sagt der Hilligsfelder. „Die steckten in unseren Portemonnaies.“
Heute will Sven Könecke mit einem Sachverständigen der Versicherung das anschauen, was von seinem Elternhaus nach dem verheerenden Brand übrig geblieben ist. „Wir wissen noch nicht, was auf uns zukommt“, sagt Nicole Könecke. Sie hat Tränen in den Augen. Was in den letzten Tagen passiert ist, nimmt sie sehr mit. Der Neuanfang wird viel Kraft kosten. Das ist sicher.
Das Schicksal einer vierköpfigen Familie, die über Nacht ihr Hab und Gut verloren hat, lässt wohl niemanden kalt. Viele, die davon wissen, spenden Geld, Möbel und Kleidung. Die Köneckes, deren Haus von einem Feuer zerstört wurde, sind dankbar für die große Hilfe. Tochter Jennifer hat Albträume, sorgt sich um ihre Katzen.
„Wir haben ein Dach über dem Kopf“ – Nicole und Sven Könecke mit Tochter Jennifer im Übergangsquartier. Patentante Susanne Maibom kümmert sich derweil um Baby Milan.