Es fehlte etwas, wenn sie fehlte. War sie auf Termin – prompt die Frage: „Wo ist eigentlich Christa?“ Schwer vorstellbar, dass es sie nun nicht mehr geben soll. Zweimal hat sie den Krebs besiegt – am vergangenen Dienstag war er stärker als sie. Noch nicht 65-jährig starb Christa Koch, die unsere Dewezet journalistisch über Jahrzehnte mitgeprägt hat.
CK – ihr Kürzel – war längst zum Markenzeichen geworden. Was sie vor allem auszeichnete: ihre Art, auf Menschen zuzugehen. Ihre Offenheit, die Vertrauen schuf, das von ihr nie missbraucht wurde. Weil sie um die Nähe einer Heimatzeitung wusste. Zwar nie etwas unter den sogenannten Teppich kehrte, aber Rücksicht nahm und das Private respektierte. Dazu ihre Neugierde, wie nur Journalisten neugierig sein können. So wusste sie immer mehr – auch anderes – als sie hätte schreiben können. Es war Wissen, das ihr Zusammenhänge eröffnete.
So sehr sie das politische Geschehen unserer Region beschäftigte – ihre Berichte und die ebenso knappen wie prägnanten Kommentare sind Legion – interessierte sie sich vor allem für die Menschen und das gesellschaftliche Leben. Kein Dreikönigsball der FDP ohne Christa Koch, kein Polizeiball – vor allem aber das jährliche Großereignis des Sports in der Rattenfänger-Halle, für das sie zusammen mit ihrer Kollegin und Freundin Karin Rohr jeweils aktuell eine Ballzeitung produzierte, die noch am selben Abend verteilt wurde. Ebenso beliebt wie berüchtigt ihre Klatsch- und Tratsch-Geschichten, selbst bei denen, die offiziell betont hätten, sie nie zu lesen. Christa war Kneipen-Gängerin – erfuhr dort, sozusagen aus erster Hand, von den Themen, die den Bürgern auf den Nägeln brannten. Nach einer Ratssitzung, wenn sich die erhitzten Gemüter bei einem kühlen Bier wieder beruhigten, Versöhnung stattfand, erfuhr sie oft mehr als bei noch so langen Sitzungen.
Christa Koch wurde im September 1953 in Lauenstein geboren, legte 20 Jahre später am Hamelner Vikilu das Abitur ab – dazwischen eine abgebrochene Lehre als Buchhändlerin – dann ein Semester Sozialwissenschaften in Göttingen, Praktika. Endlich: Volontariat bei der Dewezet. Im Februar 1977 wurde sie zur Redakteurin ernannt – zuletzt stellv. Ressortleiterin Lokales. 2014 offizielle Verabschiedung aus der Redaktion – in der sie bis zuletzt verwurzelt blieb. „Wo ist eigentlich Christa?“ wurde noch immer gefragt, wenn sie mal nicht da war.
Einer der Höhepunkte als noch junge Redakteurin – ihre handschriftliche „Letzte Meldung“ nach der Befreiung der „Landshut-Geiseln“ in Mogadischu. Das war um zwei Uhr morgens und CK ließ dafür die Rotation stoppen. Die Dewezet war die einzige Zeitung bundesweit, die diese sensationelle Meldung im Blatt hatte. Sie zählte, so ihr langjähriger Chefredakteur Dr. Hermann A. Griesser, zu den „markantesten Mitarbeitern“.
Mehr noch: Christa war mit ihrer Dewezet geradezu verheiratet. Keine Liebesbeziehung – mehr: sie brauchten einander, bedingten sich. Dennoch hatte sie Hobbys – fuhr eine Zeit lang gerne ihre Roadster, genoss so manchen Segeltörn, las gerne Brecht-Gedichte und bewunderte den Hamelner Künstler Reinhard Lange, von dem Bilder in ihrer Wohnung hingen. Und konnte – wie so viele Frauen – an Schuhen einfach nicht vorbeigehen, besaß eine beeindruckende Kollektion. Und sie zettelte erfolgreich eine kleine Revolte an, schaffte Hamelns Frauen Zugang zu den so maskulin geprägten Grenzbeziehern.
Am wichtigsten aber allemal: Menschen. Schicksale, Charaktere – das so bunt-vielfältige Leben, dem sie immer kritisch, aber gleichermaßen liebevoll auf der Spur war. Unzählig ihre so einfühlsamen Nachrufe, in denen sie immer den richtigen Ton traf. Man spürte – vor allem hier – wie wichtig ihr die Menschen waren, über die sie schrieb. Christa wird uns fehlen. Nicht nur mir fehlt sie schon jetzt.
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