Er hat ganze Generationen von Redakteuren geprägt, er hat sie ausgebildet, angeleitet, ihnen das journalistische Rüstzeug mit auf den Weg gegeben – und ihnen dabei stets den nötigen Freiraum gelassen. „Seid gründlich in der Recherche, seid konsequent in Eurer Schreibe, seid klar in Euren Ansichten. Ich kann Euch nur das Handwerkszeug mitgeben, Euren Weg müsst ihr selbst finden“, hat der Vollblutjournalist Wolfhard F. Truchseß stets gesagt. Am Montag ist der frühere stellvertretende Chefredakteur der Dewezet und Pyrmonter Nachrichten im Alter von 79 Jahren verstorben.
Wir trauern mit seiner Familie, seiner Ehefrau Ulle, seinen fünf Kindern, seinen fünf Enkelkindern sowie mit seinem Mündel, jesidischer Flüchtling aus dem Irak, dem er die deutsche Sprache und Kultur seit 2015 wöchentlich näher brachte und der ihm dabei so ans Herz gewachsen ist, dass er ihn als sein sechstes Kind bezeichnete.
Und ja, auch wir sind ein Teil seiner Familie, seiner Redaktionsfamilie, die er im Hause Niemeyer hatte. Hier hat er jahrzehntelang gewirkt, hier hat er gründlich recherchiert, konsequent geschrieben, klar kommentiert. Stets exakt in seinen Formulierungen, immer wieder abwägend, ob die Nachricht so raus könne, immer wieder hinterfragend, ob die Information für die Leser nicht doch noch etwas klarer formuliert werden könne. Und wenn es der Sache diente, schreckte er auch vor einer Diskussion, und wenn es sein musste, auch vor einem Streit nicht zurück. So war er halt, der Truchseß: „Seid klar in Euren Ansichten – und kämpft dafür.“ Dieser Journalist, Autor und Familienvater hat es vorgelebt.
Am 10. Februar 1944 in Mehrow östlich von Berlin geboren, wuchs Wolfhard F. Truchseß nach der Flucht im Frankenland auf, studierte Zeitungswissenschaften, Politik und osteuropäische Geschichte in München, volontierte bei der „Münchner Jüdischen Zeitung“ unter Chefredakteur Mosche Lustig und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Arbeitsgemeinschaft für Kommunikationsforschung, die Forschung und Wissensvermittlung für Verlage übernahm. Anfang 1976 wechselte er als 32-jähriger Politik-Redakteur zur Deister- und Weserzeitung nach Hameln. Die große und die kleine Politik haben diesen belesenen, klugen und kritischen Mann immer fasziniert, immer beschäftigt, immer auch mitreden lassen. Seither kennen Leser, Kollegen und alle anderen den Wuschelkopf mit der kaum zu bändigen Haarpracht – die gewissermaßen zu einem Markenzeichen von „wft“ wurde.
Truchseß brachte sich immer wieder in seinem Leben ein, vor allem natürlich als Redakteur, als Autor für unsere Leser, als kritischer Kommentator. Und als Volontärsvater in der Ausbildung des journalistischen Nachwuchses. Von den 33 Jahren bei der Dewezet war er 19 Jahre in der Chefredaktion verantwortlich für die Publikationen in der Tageszeitung.
Aber auch in seiner frühen Rolle als Gewerkschafter, als Mitglied der Tarifkommission. Und später als Unterstützer der Jüdischen Gemeinde in Hameln und des Neubaus der Synagoge in der Rattenfängerstadt, die für den Franken zur Heimat geworden war. Auch die Jugendphilharmonie Hameln unter Prof. Olga Tschipanina, seiner Klavierlehrerin, unterstützte er als Moderator bei den Konzerten.
Als Freund der klaren Worte liebte Wolfhard F. Truchseß die Unbändigkeit der Musik, weil sie sich so ganz anders mal klassisch und auch mal leicht beschwingt ins Leben jazzen konnte. Und so lebte er, ganz wie es ihm gefiel, in seinem eigenen Stil.
Mach‘s gut, Wolla…