HALVESTORF/AERZEN/HEMERINGEN. Sie hatten sich so auf die bevorstehenden Adventskonzerte in Aerzen und Hemeringen gefreut, doch nun steht fest: In diesem Jahr finden keine Auftritte mehr statt und auch die Übungsabende mussten wieder bis auf Weiteres eingestellt werden, denn im Übungsraum besteht mittlerweile neben der 2G-plus-Regelung auch FFP2-Maskenpflicht – und das sogar im Sitzen. Musizieren ist so natürlich nicht möglich.
551 Tage lang durfte schon im ersten Lockdown beim Feuerwehr-Musikzug Halvestorf niemand sprichwörtlich die erste Geige spielen, den Ton angeben, ins selbe Horn stoßen, neue Saiten aufziehen, aus dem letzten Loch pfeifen oder auf die Pauke hauen. Länger als alle anderen Musikvereine in der Region waren die Halvestorfer Musiker und Musikerinnen im Corona-Lockdown zum Nichtstun verdammt. Während anderswo schon längst wieder Musik gemacht wurde, war beim Musikzug in Halvestorf das gemeinsame Musizieren nach wie vor untersagt.
Der Grund dafür: der Musikzug gehört zur Stadtfeuerwehr Hameln und einige Musiker und Musikerinnen versehen als Aktive in den einzelnen Wehren ihren freiwilligen Dienst. Da aber auch die Freiwilligen Feuerwehren zur kritischen Infrastruktur zählen, durften sich die Mitglieder der verschiedenen Ortswehren nicht treffen und vermischen, um einen größeren Ausfall aufgrund von Corona-Infektionen und damit einhergehender Quarantäne bei den Brandschützern zu vermeiden.
Erschwerend kam hinzu, dass die Stadt Hameln eine gesonderte Corona-Verordnung hatte, die auch dann noch immer keine Treffen und gemeinsame Übungsdienste zuließ, als andere Freiwillige Feuerwehren im Landkreis bereits ihren normalen Dienstbetrieb schon längst wieder aufgenommen hatten, berichtet Achim Hothan, der Vorsitzende, der selbst aktives Feuerwehrmitglied ist, noch immer verständnislos: „Für uns hat der Reset bisher 1¾ Jahr gedauert. Nun kommt noch mal eine Schippe drauf!“ Und das, obwohl die Musiker und Musikerinnen sogar zur Einhaltung der 2G-plus-Regelung bereit gewesen wären.
Als die Geduld der Halvestorfer Musiker und Musikerinnen in Bezug auf das Warten der Wiederaufnahme des Spielbetriebs nach dem ersten Lockdown in diesem Sommer schon einmal fast am Ende war, flatterte auch Hamelns Oberbürgermeister Claudio Griese als Dienstherr der Freiwilligen Feuerwehren im Stadtgebiet der Frust des Orchesters in schriftlicher Form auf den Schreibtisch. Zwischenzeitlich hatte der Musikzug sogar schon überlegt, sich ganz von der Feuerwehr abzuspalten und als eigene Sparte zum örtlichen Sportverein zu wechseln, um endlich wieder Musik machen zu dürfen. „Wir haben verschiedenste Möglichkeiten ausgelotet, um endlich wieder zu den Instrumenten greifen zu können“, beschreibt der Vorsitzende die schwere Zeit.
Der deutschlandweite Lockdown im März 2020 kam für den Feuerwehrmusikzug Halvestorf zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. „Zwei Tage vor unserem Jubiläums-Konzertwochenende mussten wir die Auftritte absagen. Da waren die Plakate und Eintrittskarten natürlich schon gedruckt, die Notensätze gekauft und einstudiert sowie eine Menge organisiert, was nicht immer kostenfrei rückgängig zu machen war. Insgesamt sind wir mit einem größeren vierstelligen Euro-Betrag in Vorleistung getreten und hatten durch die Absage keine Einnahmen. Das hat natürlich ein riesiges Loch in unsere Konzert-Kasse gerissen“, erklärt Achim Hothan weiter.
Einen Anspruch auf Coronahilfen hat der Musikzug Halvestorf nicht. Auch in diesem Fall ist es wieder die Zugehörigkeit zur Freiwilligen Feuerwehr, die einem Förderantrag im Weg steht.
Seit den Sommerferien hat das Hauptorchester mit seinen nach wie vor rund 50 Aktiven unter der Leitung von Stephan Oefler wieder gemeinsam geübt, anfangs behelfsmäßig mit ganz viel Abstand in der Sporthalle, dann endlich wieder im extra mit einer aufwendigen Akustikdecke ausgestatteten, großzügigen Übungsraum, wo die Bedingungen für die Orchesterproben aus Sicht der Musiker und Musikerinnen besser sind. Was aber während des Corona-Lockdowns total auf der Strecke geblieben ist, ist die Jugendarbeit: Keine musikalische Früherziehung für die Kleinsten als Einstieg in die Musik, kein Instrumentalunterricht und auch kein Generationenorchester für die ersten Gehversuche im gemeinsamen Musizieren. Und Werbung für die Mitgliedschaft beim Musikzug konnte auch nicht gemacht werden – wozu auch, es konnte ja ohnehin nichts stattfinden.
„Einige Jugendliche konnten mit Online-Einzelunterricht bei der Stange gehalten werden.
Das ist mit Präsenzunterricht natürlich nicht zu vergleichen. Ansonsten fangen wir irgendwann wieder bei null an“, beschreibt Achim Hothan die schwierige Nachwuchssituation beim Musikzug. Wer in Halvestorf mitspielen möchte, muss geimpft oder genesen sein. Viele Kinder und Jugendlichen sind angesichts der 2G-Regelung unter den Musikern nach wie vor außen vor, macht er bedauernd deutlich.
Und nun der nächste Lockdown, wieder unmittelbar vor den Konzerten, die mit viel Engagement vorbereitet worden waren. „Dass diese Arbeit nun wieder umsonst gewesen sein soll, stimmt uns schon ein wenig traurig, aber die Gesundheit aller geht natürlich vor“, beschreibt Julian Heuer die Stimmung innerhalb des Musikzugs. Wie es nun weitergeht? „Wir hoffen nach wie vor, vom 8. bis 10. Juli 2022 unser 50-jähriges Bestehen nachholen zu können, diesmal auf dem ,Keller-Hof‘ in Halvestorf – und natürlich mit Konzert“, blickt Achim Hothan nun hoffnungsvoll auf den kommenden Sommer.