Merle (17) aus Hameln hat ihre erste Einweg-Vape vor einem Jahr gedampft. Das war in einer Disko, erzählt sie. Warum, könne sie gar nicht genau sagen. „Wahrscheinlich, weil die anderen es rauchen“, sagt sie. Meistens dampfe sie im Club bei anderen mit, mal mit Nikotin, mal ohne. Selbst habe sie E-Zigaretten noch nie gekauft. Tatsächlich dürfen E-Zigaretten nur an Volljährige verkauft werden.
„Ich verkaufe nicht an Kinder“, betont Andrea Striemann vom „Dampfstern“. Das Hamelner Geschäft verkauft E-Zigaretten, Liquide und Zubehör. Auch Einweg-E-Zigaretten, obwohl sie davon keine hohe Meinung hat. „Ich halte davon gar nichts“, sagt sie. Im Hinblick auf „die Umwelt“, sei das „großer Dreck“, für die Hersteller hingegen „eine Gelddruckmaschine“. Auch im Dampfstern Einweg-Vapes verkauften sich die Einweg-Vapes gut, an manchen Tagen 40 bis 50 Stück. Die Käufer seien „vor allem mittelalte Menschen“, anders als der Trend nahelegt.
Bei Freddi Koopmann im Kiosk „M. Niemeyer Cigarren“ am Eingang der „Stadtgalerie“ ist das anders. Die Käufer der Einweg-Vapes seien hauptsächlich junge Menschen, sagt der Filialleiter. „Selbst 16-Jährige versuchen es regelmäßig“, so Koopmann. Vor einem halben Jahr sei die Nachfrage am höchsten gewesen, was er auf Werbevideos in dem sozialen Netzwerk „TikTok“ zurückführt. Die Hochzeit der Einweg-Vapes ist seiner Meinung nach aber schon wieder vorbei. Vor zwei Monaten habe er monatlich noch 200 Stück verkauft, momentan seien es nur noch 50. Der Hauptverkaufsfaktor sei das Nikotin, glaubt er. „Ich benutze die Geräte selber“, sagt er, vor allem wegen des „intensiven Aromas“. Gleichzeitig sieht der Filialleiter die Probleme bei der Entsorgung. „Die meisten werden unsachgemäß entsorgt“, sagt er.
E-Zigaretten bestehen aus einem Gefäß mit Liquid, das mit Hilfe von einem Verdampfer und einem Akku erhitzt wird, bis die Flüssigkeit kondensiert. Bei der Wartung von Mehrweg-E-Zigaretten wird der Akku immer wieder neu geladen, die Liquidreserve aufgefüllt und einzelne Teile nach mehrfacher Benutzung ausgetauscht. Der Aufbau von Einweg-E-Zigaretten ist gleich. Der Unterschied besteht darin, dass das Gehäuse verklebt ist und das Gerät nur benutzt werden kann, bis der Akku beziehungsweise die Liquidreserven leer sind. Nach etwa 600 Zügen an der Vape, was etwa 50 Zigaretten entspricht, wird diese zu Sondermüll. Wieder aufgeladen werden kann der eingebaute Akku nämlich nicht.
Besonders der eingebaute Akku in den Einweg-E-Zigaretten ist in ökologischer Hinsicht ein Problem
Preislich liegen die meisten Einweg-Vapes bei etwa acht Euro. Bei regelmäßigem Konsum wird das Dampfen der Einweg-E-Zigaretten deutlich teurer als das der Mehrweggeräte. Nach Einschätzung des „Bündnisses für Tabakfreien Genuss“, einem Lobbyverband für E-Zigaretten, hat der Anteil der Einwegprodukte im Jahr 2022 zirka 40 Prozent des Gesamtumsatzes in Höhe von rund 575 Millionen Euro ausgemacht. Demnach wären monatlich Hunderttausende Einweg-Vapes über den Verkaufstresen gegangen – und nach dem Verbrauch auf dem Müll gelandet.
Die für die Produktion von Einweg-E-Zigaretten anfallenden Ressourcen sind gewaltig. Besonders der eingebaute Akku in den Einweg-E-Zigaretten ist in ökologischer Hinsicht ein Problem. Der Lithium-Akku enthält seltene Erden, Stoffe, die mit aufwendigen und meist umweltschädlichen Abbauarbeiten verbunden sind. Die Kapazität von sechs Akkus zusammen entspricht im Vergleich etwa der Batteriekapazität eines Iphones. Vapes dürfen nicht in den Haus- oder Papiermüll geschmissen werden. Durch den eingebauten Akku sind sie Elektroschrott und müssen nach Vorschrift im Sondermüll entsorgt werden. Nur dann ist das Recyceln der Rohstoffe möglich. Allerdings landen laut einer von der britischen Zeitung „Telegraph“ zitierten Studie 50 Prozent der Einweg-Vapes im normalen Müll. Dadurch gehe in einem Jahr eine Menge von Akkuspeicher verloren, aus der 1200 Batterien für Elektrofahrzeuge gebaut werden könnten. Im Durchschnitt würden in jeder Sekunde zwei Vapes weggeschmissen.
Über die gesundheitlichen Auswirkungen von E-Zigaretten herrscht noch nicht absolute Klarheit. Die bisherige Studienlage deutet darauf hin, dass E-Zigaretten weniger gesundheitsschädlich sind als herkömmliche Tabakzigaretten. Trotzdem seien sie nicht ganz ungefährlich, warnen die Lungenärzte der Deutschen Lungenstiftung. Die genauen Auswirkungen des Dampfens lassen sich durch die verschiedenen Aromastoffe im Liquid und deren Produkte beim Erhitzen bislang nicht klar definieren und auch mögliche Langzeitschäden sind nicht vollendend erforscht. Nikotinhaltige E-Zigaretten bergen aber immer ein Suchtrisiko.
Auch auf Bundesebene gibt es Pläne, Einweg-E-Zigaretten aus dem Verkehr zu ziehen
Seit 2016 sind alle E-Zigaretten Produkte erst ab einem Alter von 18 Jahren erhältlich. In einer Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Studie der Debra („Deutsche Befragung zum Rauchverhalten“) zum Konsum von Tabak und E-Zigaretten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird deutlich: Trotz des Verbots rauchen auch Minderjährige. Gegenüber 2021 hat der Anteil der Raucher und Raucherinnen und E-Zigarettennutzern unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Jahr 2022 stark zugenommen. Der Anteil von Rauchern im Jahr 2022 betrug bei den 14- bis 17-Jährigen 15,9 Prozent und bei den 18- bis 24-Jährigen 40,8 Prozent. Laut der Studie zeichnet sich ebenso ein starker Anstieg bei der Nutzung von Einweg-E-Zigaretten in diesen Altersgruppen ab.
Der Hype um die Wegwerf-Produkte bei jungen Menschen könnte nicht zuletzt daher kommen, dass in sozialen Medien Einweg-Vapes oft gezeigt und benutzt werden. Der Videoplattform „TikTok“ zufolge wurde der Hashtag „Vape“ 13,7 Billionen Mal aufgerufen. Auch fällt die bunte Aufmachung auf, welche besonders attraktiv für junge Menschen sein kann. Doch nicht bei allen jungen Leuten stoßen Einweg-Vapes auf Begeisterung. Die YouTuberin Alicia Joe mit über einer Million Abonnenten befindet in einem Video mit dem Titel „Warum Einweg-Vapes sofort verboten werden müssen“: „Das, was aktuell mit Einweg-Vapes passiert, ist meiner Meinung nach ein Verbrechen an der Umwelt“.
Auch auf politischer Ebene wird sich kritisch mit diesem Einwegprodukt auseinandergesetzt. Zwar gibt es auf Bundesebene bisher kein Verbot von Einweg-E-Zigaretten. Allerdings startet Bayern noch im Januar eine Bundesratsinitiative für das Verbot von Einweg-Elektro-Zigaretten. Die Landesregierung wünscht sich auf EU-Ebene eine Änderung der sogenannten Einwegkunststoffrichtlinie. Auch auf Bundesebene gibt es Pläne, Einweg-E-Zigaretten aus dem Verkehr zu ziehen. So sollen etwa neue Anforderungen an die Austauschbarkeit von Batterien und Flüssigkeiten gestellt werden. Damit könnte erreicht werden, dass Einweg-E-Zigaretten nicht mehr in Umlauf gebracht werden können, so Dr. Bettina Hoffmann, die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der CDU im Bundestag.