HAMELN. Die gute Nachricht zuerst: Die rasante Zunahme von Drogentoten auf Bundesebene spiegelt sich in Hameln nicht wider. Die schlechte Nachricht: Auch in Hameln sind im vergangenen Jahr sechs Menschen an illegalen Drogen oder an den Folgeschäden jahrelangen Konsums verstorben. Am Mittwoch wurde der Toten gedacht.
Im Corona-Jahr 2020 war die Anzahl der an illegalen Drogen Verstorbenen im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um 13 Prozent angestiegen. Starben 2019 1398 Menschen, waren es im Jahr 2020 1581. In Hameln sind sechs Menschen an Drogen oder an den Folgeschäden jahrelangen Drogenkonsums verstorben, eine Frau und fünf Männer, allesamt regelmäßige Besucher des Cafés Inkognito. 2019 waren es ebenfalls sechs.
Aber jeder Drogentote ist einer zu viel. Auch darauf wollen die Mitarbeiter des Cafés Inkognito und der Drobs (Drogenberatungsstelle) neben der Trauerarbeit an diesem Tag aufmerksam machen. Der „Internationale Gedenktag für verstorbene Drogengebraucher und -gebraucherinnen“, wie der Tag offiziell heißt, bietet ihnen Gelegenheit, öffentlich auf die Problematik des Drogenkonsums hinzuweisen.
„Es ist an der Zeit, die Drogenpolitik zu überdenken“, sagt Angela Freimann, die Leiterin der Drobs, zu der das Café Inkognito gehört. Der Bedarf sei da, wie sich an den steigenden Besucherzahlen der Drobs und des Cafés zeige.
„Es geht um verantwortungsvollen Drogenkonsum, darum, möglichst gesund zu bleiben“, führt Freimann aus. Doch bei vielen illegalen Drogen wisse der Konsument nicht, „was drin ist“. Es bestehe daher die Gefahr einer Überdosis.
An einer Überdosis ist auch eine Person der sechs Drogentoten von Hameln verstorben, schildern Kirsten Minke und Achim Degen vom Café Inkognito. „Von den bundesweit 1581 Toten im letzten Jahr sind 600 Personen an opiatbedingtem Drogenkonsum gestorben“, sagt Minke. Der Konsum von verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln habe sehr stark zugenommen, sagt Degen, dabei handele es sich im Opioide in Form von Oxycodon oder Fentanyl, die auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden und stärker wirken als Heroin. „Diese Mittel sind nicht dosierbar“, erläutert Degen das Problem, tödliche Überdosen sind häufig die Folge.
Auf Bundesebene hätten die Suizide zugenommen, merkt Kirsten Minke an. Hier wird ein Zusammenhang mit der Corona-Krise vermutet. Viele Abhängige hätten unter den lockdownbedingten sozialen Isolationen besonders gelitten. „Gewohnte Strukturen und Ansprechpartner waren weggefallen“, sagt Degen. „Die soziale Verelendung haben wir hier sehr stark bemerkt.“ Das Café Inkognito stand den Klienten in der Krise weiter zur Verfügung, wenn auch teilweise unter eingeschränkten Bedingungen.
Die Mitarbeiter von Drobs und Café nutzen den Gedenktag auch dazu, um auf die tief in der Gesellschaft verwurzelte Suchtproblematik aufmerksam zu machen. Deshalb hatten die Mitarbeiter schon vor gut einer Woche Plakate an den Fußgängerbrücken der B 1 und B 217 angebracht, mit denen auf den Gedenktag hingewiesen wurde. Darüber hinaus läuteten mehrere Kirchengemeinden am Mittwoch um 11 Uhr zur Gedenkminute die Glocken.
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