EMMERTHAL. Ein höheres Tempo für die Energiewende fordert das Institut für Solarenergieforschung (ISFH) in Emmerthal. Immer mehr Firmen sowie Politikerinnen und Politiker „sehen die Chancen, die in der Energiewende stecken“, schreibt Institutsleiter Prof. Dr. Rolf Brendel im soeben veröffentlichten Jahresbericht. Ein Haltungswandel, der in den 1980er Jahren begonnen habe, kondensiere sich in immer mehr Gesetzen auf föderaler, nationaler und auch auf internationaler Ebene. Brendel: „Wir sind mittlerweile gemeinsam auf dem Weg und müssen schneller werden.“
Dabei verweist er in dem gut 100 Seiten umfassenden Jahresbericht auf die wissenschaftlichen Beiträge des ISFH, die weit über die Forschung an effizienteren Solarzellen hinausgehen. Die gemeinnützige Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter das Land Niedersachsen ist, zählte zum Ende des Jahres 158 Beschäftigte, in der Mehrzahl wissenschaftliches und technisches Personal sowie im Rahmen von Forschungsprojekten Promovierende. Wie das Institut weiter erläutert, standen im Vorjahr knapp 13,8 Millionen Euro im Gesamtetat (2019: 10,4 Millionen Euro). Die institutionelle Förderung aus dem Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur betrug dabei 27 Prozent. Die Drittmitteleinnahmen aus öffentlicher Forschungsförderung des Bundes, des Landes Niedersachsen und der Europäischen Union beliefen sich auf 8,9 Millionen Euro, davon der größte Teil Verbundforschung mit der Industrie. Hinzu kommen direkte industrielle Drittmitteleinnahmen aus Dienstleistungen und Auftragsforschung in Höhe von 1,2 Millionen Euro.
„Schnelle Technologieentwicklung kann die Energiewende deutlich erleichtern“, erklärt Brendel unter Hinweis auf verschiedene beispielhafte Projekte aus dem vergangenen Jahr. Neue Solarzellen-Technologien mit einfachen Herstellungsprozessen erlaubten Wirkungsgrade von 24 Prozent. Poly-Silizium auf Oxid, wie es am ISFH entwickelt worden sei, „ist eine wichtige Zutat zu diesem internationalen Fortschritt“, meint der Geschäftsführer und Leiter. Mit Schattenmasken aus Glas eines niedersächsischen Technologieunternehmens seien neue Strukturierungstechniken möglich. Mit dem Mineral Perowskit gebe es ganz neue Solarzellenmaterialien, die zusammen mit Silizium Wirkungsgrade sogar über 30 Prozent erlauben würden.
Als wichtiges praktisches Thema bezeichnet er ein Projekt für den Verkehrssektor. Dabei untersucht das Institut E-Lieferfahrzeuge, in die Photovoltaik integriert ist und deren Reichweite verlängert werden soll. Über Wärmepumpen lässt sich Solarstrom zum Heizen nutzen, wie das Institut bei einem weiteren Projekt die Praxistauglichkeit verbessern will.
Brendel erinnert daran, dass die Bundesrepublik seit 1990 bewusst ihre CO2-Emissionen reduziere. „Ordentliche Erfolge sind da“, erklärt er. „Aber es geht in der Welt und auch in Deutschland zu langsam voran.“ Er weist auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts nach der Klage junger Menschen, dass die Energiewende beschleunigt werden müsse. Andernfalls könnte die Freiheit der Kläger und zukünftiger Generationen durch eine verschärfte Klimakrise zu einem knappen Gut werden. „Wie wunderbar, dass unsere Jugend sich um die Zukunft kümmert und dabei mit klarem Blick auf die Wissenschaft eine starke meinungsbildende Kraft wurde“, nennt Brendel als einen von fünf Punkten, die er mit dem Urteil verbinde. Und es sei eine Ermutigung: „Ja, unsere Forschung und Entwicklung ist gewollt, gewünscht und wird gebraucht – möglichst rasch.“
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