GROSS BERKEL. Sechs unterschiedlich große, blaue Übersee-Container auf dem Betriebsgelände, zum Teil übereinandergestapelt, lassen auf den ersten Blick erst einmal auf eine größere Lieferung für die Firma Koppenhagen schließen. Allerdings will die Treppenanlage, die die einzelnen Plattformen auf den Containerdächern miteinander verbindet, irgendwie so gar nicht ins Bild von den geschichteten Frachtbehältern passen.
Im vergangenen Herbst ist das Dehmker Familienunternehmen in Groß Berkel mit der Rescue-Arena an den Start gegangen. Schon zur Eröffnung des Schulungszentrums mit seinem Ausbildungs- und Lehrgangsbetrieb für Einsatzkräfte hatten Geschäftsführer Frank Koppenhagen und sein Sohn Jan-Hendrik anklingen lassen, dass mit der Fertigstellung der Indoor-Anlage ihre Planungen für den Standort Groß Berkel noch nicht abgeschlossen sind. Um sowohl sämtlichen Einheiten der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) als auch den privaten Kunden ein Gesamtprogramm anbieten zu können, fehlte bisher eine professionelle Realbrand- und Taktiktrainingsanlage (RTA) auf dem rund 6000 Quadratmeter großen Betriebsgelände am Ortsrand von Groß Berkel.
Und damit ist nun auch das Geheimnis um die blauen Container gelüftet: Auf rund 160 Quadratmetern befindet sich darin eine der wenigen RTA-Anlagen, die nach den aktuellen DIN-Vorgaben gebaut und durch einen speziellen TÜV-Sachverständigen für Realbrandübungsanlagen abgenommen und zugelassen wurde, wie Frank Koppenhagen anlässlich der offiziellen Einweihung der stationären Feststoff-Anlage erläutert. Somit erfüllt die große, stationäre Realbrand- und Taktiktrainingsanlage die notwendigen, sehr hohen Sicherheitsstandards für die Ausbildung und den Schutz der Teilnehmenden.
Das Löschwasser, das für die sogenannte „Heiß-Ausbildung“ benötigt wird, kommt aus einer eigens für diesen Zweck gebauten, 20 000 Liter fassenden Zisterne, die aus dem Oberflächenwasser gespeist wird. „Wir haben eine autarke Wasserversorgung für unser Training aufgebaut. Das war uns wichtig, um dem Aspekt der Ressourcenschonung des kostbaren Trinkwassers gerecht zu werden“, betont der Geschäftsführer. Für die Wasserförderung wurden Elektropumpen installiert, sodass keine Tragkraftspritze (PFPN) zum Einsatz kommen muss.
„Dies kommt nicht nur der Umwelt zugute, es minimiert auch deutlich die Geräuschkulisse der Übungen“, gibt Frank Koppenhagen weitere Einblicke in die Technik, bevor er durch die einzelnen Stationen der Anlage führt.
Realbrand- und Taktiktraining, das bedeutet für die Einsatzkräfte vor allem erst einmal enorme Hitze und null Sicht. Die schnelle Orientierung in den verqualmten Räumen ist nur mit Hilfe von Wärmekameras möglich. Partielle Verrauchung, herbeigeführt durch Verraucher, mit einer partiellen Wärmezuführung mittels Einzelöfen schaffen reale Bedingungen.
Die Feststoff-Anlage wird mit unbehandeltem Holz aus alten Paletten befeuert. So entstehen Raumtemperaturen von durchschnittlich 300°C bis 400°C. Der Rauch wird zusätzlich durch das Vergasen von Stroh verursacht. Eines der Trainingsziele: Die Einsatzkräfte lernen in der Anlage, mit den körperlichen und psychischen Belastungen, die im Einsatz vorherrschen können, umzugehen. Je nach Vorgabe kann mit Wärmegewöhnungsübungen begonnen und anschließend das Training in der Atemschutzkriechstrecke fortgesetzt werden oder aber auch direkt mit dem Einstieg ins Übungsszenario gestartet werden.
In den mit Türen verbundenen 20- beziehungsweise 40-Fuß-Containern können Hausbrände jeglicher Art, Industriebrände und sogar Tiefgaragenbrände simuliert werden. „Durch das Umbauen von verschiedenen Türsegmenten kann die Anlage immer wieder unterschiedlich strukturiert werden“, berichtet Frank Koppenhagen weiter.
Ein weiteres mögliches Übungsszenarium, das die drei übereinander gestapelten Container mit ihrer Dachebene bieten, sind Abseilmöglichkeiten aus der vierten Etage – für all jene, die nicht bequem über die Außen- beziehungsweise Innentreppenanlage oder weniger bequem über die Fluchtleiter den Weg nach unten wählen.
Größten Wert wird während des Trainings auf die strikte Schwarz-Weiß-Trennung gelegt. Was sich dahinter verbirgt, erklärt Frank Koppenhagen so: Wer die Anlage verlässt, tauscht die getragene Einsatzbekleidung – die von der Firma Koppenhagen für alle Teilnehmenden zur Verfügung gestellt und nach jedem Training professionell gereinigt wird – gegen einen Trainingsanzug. Anschließend geht es zum Duschen und erst dann in den Umkleidebereich, wo wieder die private Kleidung angezogen werden darf.
Die Sicherheit und Gesundheit der Teilnehmenden rangiert bei den Koppenhagens an erster Stelle. „In jeder Faser der Kleidung stecken Brandgase und andere krebserregende Gefahrstoffe, mit denen Feuerwehrleute im Einsatz in Kontakt kommen. Damit diese nicht in den privaten Bereich übertragen werden, greift hier unser striktes Hygiene-System“, erklärt Frank Koppenhagen.
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