REHER. Zu den am weitesten verbreiteten Werbeträgern der Außenwerbung gehören die klassischen Großflächen. Etwa 180 000 dieser Plakatwände – mit und ohne Beleuchtung – stehen Werbetreibenden bundesweit zur Verfügung. Im Aerzener Ortsteil Reher wurden mittlerweile auf 160 Bundesstraßenmetern insgesamt vier Tafeln installiert. Das jüngste Exemplar sorgt nun für Unmut in der Anwohnerschaft.
„Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier … Wo soll das am Ende noch hinführen? Man fühlt sich jetzt schon wie in Las Vegas!“, beschreibt Rehers Ortsbürgermeisterin Christa Jakobi, besorgt um das Ortsbild und die Nachbarschaft, die aktuelle Situation. Träger für Großflächenwerbungen gibt es in Reher entlang der Bundesstraße bereits einige, doch die neueste Werbetafel sorgt für Unmut in der Nachbarschaft.
Dabei geht es nicht um die Inhalte, die dort rund um die Uhr und nachts mit Beleuchtung beworben werden. So weit ist man vonseiten des Betreibers noch gar nicht, schließlich wurde das Großflächenplakat erst vorige Woche installiert und sucht noch nach werbewilliger Kundschaft. Viel mehr stört die Anwohner, dass die plakative Werbung nicht wie bisher mit oder ohne Beleuchtung an größeren Gebäudefassaden angebracht wurde, sondern frei zwischen relativ niedriger Wohnbebauung steht und bei Dunkelheit die gesamte Umgebung erhellt. „Man kommt sich vor wie in Las Vegas“, sagt Ortsbürgermeisterin Christa Jakobi und befürchtet eine weitere Verunstaltung des Ortes.
Auf 160 Metern entlang der viel befahrenen Bundesstraße zählt man mittlerweile drei Träger für Großflächenwerbung und eine etwas kleinere Werbetafel, die die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer weg von der Straße und hin zur Werbung lenken. „Wir sind ohnehin durch den starken Verkehr auf der Bundesstraße belastet und dadurch besonderen Gefahren ausgesetzt. Ablenkung durch solch aufdringliche Werbung stellt eine zusätzliche Gefahr im Straßenverkehr dar“, erklärt die Ortsbürgermeisterin.
Die Anwohnerschaft zweifelt die Ordnungs- und Rechtmäßigkeit dieser Werbetafel an. Aus den Reihen der Anwohner kam im Rahmen der Ortsratssitzung unter anderem der Hinweis, dass jeder Bauherr angehalten sei, sein Gebäude dem Ortsbild anzupassen. „Diese Tafel passt ganz und gar nicht ins Ortsbild!“, so die Auffassung der Bürger. Fest installierte Werbeanlagen bedürfen einer Baugenehmigung durch den Landkreis. Dazu muss ein Bauantrag eingereicht werden, der durch die Bauaufsicht überprüft wird.
„Der Landkreis hat im Verlauf des Genehmigungsverfahrens die Kommune um eine Stellungnahme gebeten. Der Flecken Aerzen hat daraufhin nach Rücksprache mit dem Ortsrat Reher gegenüber dem Landkreis seine Bedenken gegen den Bau der Großflächenwerbung ausführlich dargelegt“, erklärt Aerzens Bürgermeister Andreas Wittrock. „Warum werden wir eigentlich überhaupt noch gefragt?“, entrüstet sich Christa Jakobi und fügt an: „Da hat der Landkreis die Bürger wieder einmal nicht mitgenommen!“
Beim Landkreis sieht man die Sachlage auf Nachfrage anders. „Die Baumaßnahme wurde im Oktober 2021 unter Beteiligung der Straßenbaubehörde genehmigt. Gemäß Paragraph 50 der Niedersächsischen Bauordnung ist diese Werbeanlage genehmigungspflichtig. Wie auch im Flächennutzungsplan dargestellt, wurde von einem gemischten Gebiet ausgegangen, somit ist die Werbeanlage zulässig“, erklärt Pressesprecherin Sandra Lummitsch.
Weiter heißt es in der Erklärung des Landkreises: „Sollten in bestimmten Gebieten der Gemeinde keine Werbeanlagen errichtet werden, hat die Gemeinde die Möglichkeit, durch das Aufstellen einer Satzung gemäß Paragraph 34 (5) des Baugesetzbuches, Dinge zuzulassen oder auszuschließen.“
Werbung auf Großflächen hat bundesweit immer ein einheitliches Format von 356 mal 252 Zentimetern, das entspricht 18 DIN-A1-Seiten oder neun Quadratmetern. Anbieter von Außenwerbung haben ihren modernen Werbetafeln Namen wie „City-Star“ gegeben und erklären, dass diese im Gegensatz zu Großflächenplakaten auf einem Monofuß mit zirka 2,5 Metern Bodenabstand quer zur Fahrbahn an frequentierten Ein- und Ausfallstraßen zu finden und immer beleuchtet sind, was die Werbung hervorhebt und auch bei Dunkelheit gut sichtbar macht.
Schon allein der Name „City-Star“ bringt nach Ansicht von Rehers Ortsbürgermeisterin zum Ausdruck, dass „solch ein Ungetüm auf dem Dorf eigentlich nichts zu suchen hat“. „So etwas gehört in die Stadt beziehungsweise in ein Gewerbegebiet mit entsprechend hoher Bebauung“, so ihre Auffassung.