BAD PYRMONT. Stell dir vor, es gibt ausreichend Impfstoff – und kaum einer will ihn sich injizieren lassen. Diesen Eindruck gewinnt aktuell der Pyrmonter Allgemeinmediziner Dr. Kai Bodien. Er hat noch Biontech-Impfstoff „in Hülle und Fülle“.
„In meiner Praxis liegen 300 Dosen Biontech/Pfizer-Impfstoff im Kühlschrank, die bis zum Ablauftermin Mitte März noch verimpft werden können“, schildert er die Lage in einer Zeit, in der die Nachfrage offenbar ziemlich nachgelassen hat. Bodien glaubt: „Weil sich an der Corona-Front eine leichte Entspannung bemerkbar gemacht hat und die Auflagen gelockert werden, gewinnt die Öffentlichkeit den Eindruck, es sei alles nicht mehr so schlimm ck hält der Mediziner mit Blick auf die aktuell wieder steigenden Infizierten-Zahlen für trügerisch. „Die Intensivstationen sind immer noch voll, die Inzidenz liegt bei weit über 1000 – und da meinen die Leute: ,Es ist ja nicht mehr so schlimm‘.“
Bodien betint indes: „Spätestens im Herbst ist nach Ansicht der Fachleute mit einem erneuten Infektionsschub zu rechnen.“ Da die Impfung vor schweren Verläufen schütze, appelliere er, wie seine Kollegen, an alle Ungeimpften und inkomplett Geimpften, sich jetzt noch ihre Erst-, Zweit- oder Booster-Impfungen zu holen.
Wie Dr. Bodien überhaupt an so viel Impfstoff kam? „Wir hatten uns als Impfpraxis beworben“, erklärt er. Deshalb habe er bei der Kassenärztlichen Vereinigung beliebig viel Vakzin-Dosen ordern können. Dabei habe er den Bedarf offenbar überschätzt. „Ich war da wohl wesentlich zu optimistisch“, räumt er ein.
Seine eigenen Patienten habe er – soweit sie das wollten – das Vakzin längst verabreicht. „Mit der Impfquote liegen wir wohl so etwa im Bundesdurchschnitt“, schätzt er. Mit seinen Versuchen, die Ängste impfunwilliger Patientinnen und Patienten auszuräumen, sei er leider nicht besonders erfolgreich gewesen. Gegen die zum Großteil irrationalen Bedenken komme man nicht an.
Seine Impfpraxis sei selbstverständlich für alle Menschen im Alter ab zwölf Jahren offen, die geimpft werden wollten, betont Dr. Bodien. Aktuell kämen mitunter bis zu zehn Impfwillige in der Praxis am Hylligen Born vorbei. „Aber neulich war es nur einer.“ Gehe das so weiter, „können wir Mitte März alles in den Eimer schmeißen“, fürchtet der Arzt, der seit 20 Jahren in Bad Pyrmont praktiziert. Was ihn wundere, sei der Umstand, dass erst 50 Prozent der infrage kommenden Menschen dreimal geimpft seien. Und, übrigens: Bei der vor mehr als drei Monaten geboosterten Altersgruppe über 70 stehe jetzt auch die vierte Impfung an.
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