BAD PYRMONT. Dass dieser Ort mehr ist als die Summe seiner Kureinrichtungen, belegt sehr aufschlussreich die aktuelle Jubiläumsausstellung im Museum. Wohin Pyrmonts Weg seit Gründung der Neustadt und dem Übergang vom Fürstentum Waldeck-Pyrmont zu Preußen geführt hat und wohin er möglicherweise führen wird, das untersuchte der Vorsitzende des Museumsvereins und Stadtarchivar Dr. Dieter Alfter in einem Vortrag in der Beletage – ein interessanter Vorgriff auf sein demnächst erscheinendes Buch zu diesem Thema.
Dass Bad Pyrmont insgesamt „ein Ort von höchster Lebensqualität“ war und ist, daran ließ der Kunsthistoriker keinen Zweifel. Ein historisch reicher Hintergrund, medizinische Kompetenz, ein hoher Standard an Kultur und ein besonderer Erholungswert durch schöne Natur hätten seit jeher zum guten Ruf Bad Pyrmonts beigetragen, ein beliebter Ort für Großstädter und ein Lebensquell auch für Senioren. Besonders wertvoll in der Nachkriegszeit, da es hier praktisch keine Zerstörungen gegeben habe und viele Verwundete im Versorgungskrankenhaus eine Bleibe gefunden hätten und die Stadt damals viele neue Einwohner gewonnen habe.
Doch die Liste der von Dr. Alfter aufgezählten Versäumnisse, die sich Bad Pyrmont im Laufe der Jahre geleistet habe, war beachtlich. Sie reichte von der Zerstörung der historisch einmaligen Drei-Strahl-Allee durch den Bau des Quellbadehauses („Mens sana in corpore sano“) und den Abriss der „Schücking-Villa“ bis zu den wirtschaftlich gravierenden Fehlern wie die Tatsache, dass man der Käthe Kruse-Firma, die sich für einige Jahre hier ansiedelte, keine bleibende Perspektive geboten habe. „Man hat Pyrmont immer nur als Kurort beachtet“, beklagte Alfter den offensichtlichen Mangel an Wirtschaftsförderung. Er erinnerte an den aus Pyrmont stammenden Historiker Dr. Hermann Engel, der das Fehlen eines Flächennutzungsplanes für seine frühere Heimatstadt immer kritisiert habe.
Als positive Perspektiven Bad Pyrmonts nannte der Referent aus jüngerer Vergangenheit die Auswirkungen der Expo 2000 und aus der Gegenwart den Ausbau von Reha-Einrichtungen. Bei der anschließenden Diskussion gingen die Zuhörer mit Bad Pyrmont und der Verantwortung der Kommune hart ins Gericht. Viele Häuser seien vom Verfall geprägt, für „Ruinen“ wie das frühere Bomberghotel und Hotel Bergkurpark müssten die Eigentümer Lösungen finden, ebenso für den „Schutthaufen“, der nach einem vor längerer Zeit ausgebrochenen Brand noch immer an der Hagener Straße liegt. Auch die Attraktivität der Hauptallee habe gelitten, wurde moniert.
Dass der frühere sogenannte „Konzerthauskreis“, der sich für den Erhalt historischer Bausubstanz stark gemacht hatte, wieder neu belebt werden müsse, regte Dr. Dieter Alfter und in der Debatte auch Kurdirektor a. D. Heinz-Gustav Wagener an. Wagener: „Wir müssen verstärkt auch junge Menschen ansprechen, denn sie sind es, die hier leben werden und Bad Pyrmonts Zukunft sind.“
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