BAD PYRMONT. „Was hast du denn da für eine Zahl auf deinem Arm? Ist das deine Telefonnummer?“, fragt ein wissbegieriges kleines Mädchen seinen Großvater. Wie hätte das Kind auch ahnen können, dass die Nummer auf dem Arm, tätowiert im Konzentrationslager Auschwitz, für Max Mannheimer eigentlich eine Todeszahl bedeuten sollte – hätte der Mann das Grauen nicht überlebt.
Und wie er überlebte! Lebensbejahend, humorvoll, empathisch für seine Mitmenschen. Das alles zeigt der eindrucksvolle und berührende Film „Der weiße Rabe“, den die Münchener Drehbuchautorin und Filmemacherin Carolin Otto jetzt auf Einladung des „Arbeitskreises 27. Januar“ zum Gedenktag an den Holocaust im Filmtheater Krone zeigte. Seit mehr als 20 Jahren würdigt der Arbeitskreis zu diesem Tag unterschiedliche Opfergruppen der Naziherrschaft, wie der Vorsitzende Klaus Titze erinnerte.
Dieses Mal mit Max Mannheimer einen Zeitzeugen, der bis zu seinem Tod vor vier Jahren unermüdlich als Chronist und Mahner jungen Menschen Rede und Antwort stand und nach dem sogar eine Schule benannt wurde. 1988 hatte Carolin Otto ihre Bankkarte auf einem Parkplatz in Dachau verloren. Max Mannheimer fand sie, aus dieser Begegnung entstand eine Freundschaft und schließlich die filmische Zusammenarbeit.
Der Streifen zeigt Mannheimer, dessen sechs engste Angehörige ermordet wurden, auf den Spuren seiner Vergangenheit in den Lagern Birkenau und Auschwitz und beim Besuch in Dachau. Beinahe sachlich, aber gerade dadurch erschütternd, stellt er sich den qualvollen Erinnerungen und schildert Details aus den Baracken und der Krankenstation, auf der er nur überlebte, weil sein jüngerer Bruder ihm selbstlos seine Brotration überließ.
Der Film zeigt aber auch das Leben danach, Gespräche mit einer befreundeten Ordensfrau und mit der erwachsenen Tochter, sein Bemühen, durch die Malerei wieder Lebensfreude zu gewinnen.
„Wir sind nicht schuld an dem, was geschah, aber verantwortlich, dass es nicht wieder geschieht“, betonte Bürgermeister Klaus Blome. Die aktuelle Sorge um zunehmende Gewalt und Antisemitismus prägte auch eine kurze Diskussion im Anschluss an den Film, der die Besucher spürbar berührt hatte.
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