Beginnen wir mit einer guten Nachricht: Ein 30- und ein 40-Jähriger lieferten sich im Wahlkreis Hameln/Rinteln ein Duell auf Augenhöhe. Für die Grünen war zudem noch ein 21-Jähriger im Rennen. So viel Potenzial an jungem Aufbruch und Generationswechsel hat eine Wahl nicht oft zu bieten.
Am Ende gewann der 30-Jährige, SPD-Mann Constantin Grosch, gegen seinen in der Region wohl nicht minder gut vernetzten CDU-Konkurrenten Matthias Koch. So einiges spricht dafür, dass Grosch das Zeug zu einem Landtagsabgeordneten hat, der Spuren hinterlassen wird: Als SPD-Fraktionsvorsitzender im Hameln-Pyrmonter Kreistag präsentiert er sich freundlich im Ton, aber klar in der Sache, und als Inklusionsaktivist beweist der einst bei den Piraten in die Politik gestartete Hamelner seit Langem, dass er Themen angehen, überregional in den Medien platzieren, Dinge bewegen kann. Groschs politische Laufbahn dürfte über den Wahlabend hinaus spannend bleiben. Themenfelder, die er auf Kreis- wie Landesebene beackern könnte, gibt es zudem genug: erneuerbare Energie, Verkehr, Digitalisierung und natürlich – wie überall – die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Corona- und Energiekrise.
Bei der CDU war indes gestern landesweit Wundenlecken angesagt. An Kandidat Matthias Koch hat es im Wahlkreis wohl nicht gelegen: Er blieb nur knapp hinter Grosch und fuhr bei den Erststimmen ein um gut vier Prozentpunkte besseres Ergebnis ein als seine Partei bei den Zweitstimmen.
Die Grünen erzielten mit dem jungen Direktkandidaten Hagen Langosch am Sonntag ebenfalls ein beachtliches Ergebnis. 13,1 Prozent können sich im Wahlkreis sehen lassen. Klar: Wäre da nicht der zuletzt kurvige Kurs der Ampel im Bund, wäre für die Grünen – wie auch für die FDP – wohl auch vor Ort noch mehr drin gewesen, aber dennoch: ein großer grüner Erfolg. Getrübt wurde die Stimmung jedoch dadurch, dass der blaue Balken leicht über den grünen hinauswuchs. Und damit wären wir bei der schlechtesten Nachricht des Abends: Die AfD wurde zur drittstärksten Kraft in Hameln, Hessisch Oldendorf und Rinteln. Der unbekannte und im Wahlkampf weitgehend unsichtbar gebliebene AfD-Direktkandidat Dr. Dirk Fischer sammelte 13,2 Prozent der Stimmen ein. Warum? Weil er für die Rechtspopulisten auf dem Stimmzettel stand. Wahlkampf war da wohl gar nicht nötig. Ein paar Plakatsprüche, die internationale Verantwortung und Nachhaltigkeit als politische Konzepte in den Wind schießen wollen, reichen da offenbar völlig aus.
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