Selbst wenn in Grohnde das AKW Ende der 2030er Jahre aus dem Landschaftsbild verschwunden sein könnte, bleibt das Zwischenlager mit den hochradioaktiven Abfällen noch lange erhalten.
Die Sorge vor den Folgen des Klimawandels, die drohende Energieknappheit angesichts des Ukraine-Krieges: Nur zu rational erscheint vor diesem Hintergrund der Ruf nach einer Renaissance der Atomkraftwerke. Gerade auch immer mehr jüngere Menschen fordern mit Blick auf die Folgen für künftige Generationen, lieber auf Kernenergie statt auf die CO2-Schleuder Kohle zu setzen. Emissionsarmer und (vermeintlich) günstiger Strom – so einfach könnte die Lösung sein. Wenn es nicht die ungelöste Frage des hochradioaktiven Abfalls dieser Technologie gäbe. Die Konsequenz: direkt zu erleben vor unserer Haustür – für Jahrzehnte muss die Bevölkerung mit diesem strahlenden Erbe leben, selbst wenn die das Weserbergland prägenden Kühltürme, das Reaktorgebäude und weitere Anlagen nach dem Rückbau voraussichtlich in 15 Jahren aus dem Blickfeld verschwunden sind. Der Stolz deutscher Ingenieurskunst für die friedliche Nutzung der Kernenergie blieb lange Zeit Garant für Wirtschaftswachstum und Wohlstand, eine Hochtechnologie, für die aber immer eine Frage ausgeklammert blieb: Was geschieht mit den bestrahlten Brennelementen? Das AKW Grohnde zum Beispiel, das mehrere Weltrekorde bei der jährlichen Stromproduktion einheimste – die Schattenseite: die strahlenden Abfälle. Sie bleiben zunächst vor Ort wie an anderen Standorten, wo inzwischen keiner mehr Zweifel daran hat, dass dies weit über den genehmigten Zeitraum des Zwischenlagers 2046 hinausgeht. Die beteiligten Bundesbehörden und -gesellschaften halten sich bewusst vage, wie lange die Bevölkerung damit leben muss. Natürlich: Die Politik hat aus den früheren Fehlern beim Projekt Gorleben gelernt, verankerte per Gesetz eine sichere Entsorgung für Hunderttausende von Jahren und ein faires Verfahren als Grundsätze für die Endlagersuche. Das kostet, verständlich, Zeit. Die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung nennt das Jahr 2080, bis die letzten radioaktiven Abfälle im Endlager sein könnten. 2080 – was für eine zeitliche Dimension. Ein heute schulpflichtiges Kind könnte dann im Rentenalter sein und seine eigenen Enkel aufwachsen sehen. Die Atomkraft, auf der für einige Jahrzehnte die Hoffnungen vieler Menschen ruhten und in der manche heute erneut die Lösung sehen, erweist sich durch die ungelöste Entsorgung als Bürde für die kommenden Generationen.
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