Mindestens 650 Euro zusätzlich pro Monat fordert die Gewerkschaft EVG für die Bahnbeschäftigten.
Wer das als zu dreist empfindet, sollte in die Chefetage der Bahn blicken: Bahn-Boss Richard Lutz erhält ein jährliches Grundgehalt von 970 000 Euro. Zusätzlich soll er laut Geschäftsbericht noch eine variable Vergütung in Höhe von 1,26 Millionen Euro bekommen. Ob der Bahnchef wohl schon nervös auf seinen Bonus wartet, um endlich neue Turnschuhe für die Kinder zu kaufen oder die rückständige Miete für eine drei-Zimmer-Wohnung zu begleichen? Mit solchen Problemen dürfen sich eher andere herumschlagen: Laut EVG verdient ein Kundenbetreuer im Nahverkehr etwa 2500 Euro brutto, ein Busfahrer 2200 Euro bis 2400 Euro brutto und ein Lokführer zwischen 2600 und 3000 Euro brutto. Leider trifft der Bahnstreik vor allem Arbeitnehmer, denen es ähnlich geht. Die von der Peripherie in die Städte pendeln müssen, in denen sie sich die Miete nicht leisten können. Manche von ihnen sind sogar schlechter dran als die Bahn-Beschäftigten, weil sie keine tarifgebundenen Verträge haben und Streikrecht für sie damit ein Fremdwort ist. Trotzdem ist es sinnvoll Solidarität mit den Streikenden zu zeigen. Denn eine Spaltung derer, die ihren Lebensunterhalt nicht aus Kapitalvermögen sondern harter Arbeit bestreiten, sorgt höchstens für höhere Boni von Konzernbossen und drückt das Lohnniveau der Mittelschicht insgesamt.
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