Seit 365 Tagen wird in der Ukraine geschossen, gebombt, getötet. Putins Krieg fordert viele Tausend Tote. Doch längst geht es um mehr als die Ukraine.
Es war die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward, die heute vor einem Jahr noch in der Nacht als Erste warnte: „Seit Monaten hält Russland der Ukraine eine Waffe an den Kopf. Jetzt hat Präsident Putin den Finger am Abzug.“ Seit einem Jahr wird in Europa nun schon geschossen, gebombt, getötet – und gestorben. Zugleich wird seit einem Jahr an die Vernunft appelliert und um Frieden gebeten.
Doch Politik kann sich in sturer Ignoranz ergehen – siehe Putin, der um jeden Preis sowjetische Großmachtssehnsüchte ausleben will. Politik kann Spielchen spielen – siehe die auf Eigennutz bedachte Führung Chinas, die große Worte stets so wählt, dass man sie anschließend dennoch auf nichts festnageln kann. Politik kann uneinsichtig sein – siehe Nato, die Moskaus Bedürfnis nach einem Sicherheitsabstand ignoriert hat.
Damit das klar ist: Letzteres ist selbstredend kein Grund, das Nachbarland zu überfallen und dessen Bevölkerung mit einem grausamen Krieg zu überziehen. Militärisch ist klar: Putin ist der Kriegstreiber. Politisch ist die Situation vertrackter. Zum Jahrestag des Krieges bitten Abertausende bei Mahnwachen, Demos, Solidaritätsaktionen und Gebeten darum, dass eine große Diplomatie die Waffen zum Schweigen bringen möge. Frieden wollen wir alle. Doch der Konflikt wird nicht durch Appelle beigelegt. Zum Beenden des Krieges und des Sterbens braucht es viele Seiten, die dann mindestens ebenso viele Interessen unter einen Hut bringen müssen.
Denn es geht um viel mehr als nur die Ukraine. Es geht längst um globale Machtfragen, um ein Ringen der Supermächte – letztlich geht es um eine neue Weltordnung. Um das zu lösen, braucht es Russland, die Ukraine, die USA, China, die UNO, die EU, die westliche Allianz – doch die dafür nötige kluge Initiative ist leider noch nicht in Sicht. Das Sterben geht weiter.
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