Rein faktisch war das Leben in Deutschland nie so sicher wie heute. Wir haben uns daran gewöhnt und in der Folge die irrige Erwartung entwickelt, von den Gefahren, die das Leben mit sich bringt, vollumfänglich verschont zu bleiben. Wer diese Hoffnung, so verständlich sie auch ist, nährt, handelt fahrlässig. Ein kurzes Durchatmen, ein Moment der Entspannung mag damit erkauft sein, doch zu welchem Preis? Der nächste Wahnsinnige oder Verblendete, der auf Menschen losgeht, wird den Beweis dafür liefern, dass es wieder nicht gereicht hat. Die Garanten für die versprochene Sicherheit werden als Versager dastehen, wieder einmal. Wer soll ihnen die nächsten Versprechen abnehmen? Wer wird ihnen zukünftig noch vertrauen können?
Ehrlich und sinnvoll wäre es, die Grenzen des Mach- und Erwartbaren klar zu benennen, die eigene Verwundbarkeit einzugestehen und auszusprechen, dass es Verbrechen gibt, gegen die wir machtlos sind. Es ist nicht das, was wir hören wollen, aber es ist trotzdem die Wahrheit. Die Stärke unserer Gesellschaft liegt nicht im hundertprozentigen Schutz vor Gewalt, sondern darin, Strukturen zu schaffen, die Gewalt sinnlos machen: Recht, Bildung, ökonomische Sicherheit und Teilhabe. In diese Strukturen, die immer noch weit davon entfernt sind, perfekt zu sein, müssen wir investieren, wenn wir auch in Zukunft so sicher wie möglich leben wollen.
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